Der Wiesenvögel-Knigge: Tipps zum Spazierengehen

Freilaufende Hunde und Erholungssuchende führen bei Jungenaufzucht der Bekassine zu Verlusten

Sommer, Sonne, blühende Wiesen. Naturfreunde und Erholungssuchende fühlen sich aufgrund der ungeheure Farbenpracht und Artenvielfalt momentan besonders von feuchten Wiesen und Mooren angezogen. Aber auch der Vogel des Jahres, die Bekassine, und andere vom Aussterben bedrohte Vogelarten, wie der Große Brachvogel, nutzen diese Feuchtgebiete zur Brut und ziehen dort derzeit ihren Nachwuchs groß. Doch Freizeitnutzung von Wiesenbrütergebieten und vor allem freilaufende Hunde erschweren dem Vogel des Jahres oft die Jungenaufzucht und führen zu vielen Verlusten. Deshalb fordert der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) alle Hundehalter und Hobbysportler dazu auf, Rücksicht auf die Bekassine und alle anderen Wiesenbrüter zu nehmen. Denn schon ein paar einfache Verhaltensregeln können diesen Konflikt schnell entschärfen.

„Die Intensivierung der landwirtschaftlichen Flächennutzung und die massive Zerstörung von Feuchtbiotopen haben in ganz Bayern zu einem dramatischen Rückgang der Bekassine und vieler weiterer wiesenbrütender Vogelarten geführt“, weiß Anne Schneider, Wiesenbrüterbeauftragte des LBV. „Doch auch durch unser verändertes Freizeitverhalten gefährden wir Menschen die bedrohten Wiesenbrüter“, so Schneider weiter. Erholungssuchende und Spaziergänger mit freilaufenden Hunden tragen in gleichem Maß zu einer Störung der sensiblen Vogelarten bei, wenn sie während der Brut- und Aufzuchtszeit in Wiesenbrütergebieten unterwegs sind.

Aufgeschreckte Vögel verlassen dann oft fluchtartig ihr Nest, und die verlassenen Gelege kühlen aus. Dazu haben Fressfeinde wie Rabenkrähe oder Möwe ein leichtes Spiel, an die normalerweise bewachten Eier oder frisch geschlüpften Küken zu gelangen. „Nach dem Schlupf der Jungvögel sind es vor allem freilaufende Hunde, die Jungvogelverluste herbeiführen“, bestätigt Anne Schneider. „Die noch flugunfähigen Wiesenbrüterküken sind jagenden Hunden hilflos ausgeliefert.“ Der LBV bittet daher die Bevölkerung um Rücksichtnahme: „Zwischen März und Juli sollten Spaziergänger und Freizeitsportler in Wiesenbrütergebieten die vorhandenen Wege nicht verlassen und ihre Hunde unbedingt angeleint führen.“

Der Lebensraum der Bekassine geht bereits durch intensive Landwirtschaft, Grünlandumbruch und der Zerstörung von Mooren stark zurück. In den verbliebenen Gebieten hat sie es aber ebenfalls immer schwerer, ihre Jungen erfolgreich aufzuziehen. Hier sind es vor allem Freizeitsportler, Erholungssuchende und Spaziergänger mit oft freilaufenden Hunden, die zu massiven Störungen bei Brut und Jungenaufzucht führen. Wiesenbrüter reagieren schon bei der Wahl des Brutplatzes sehr sensibel auf Störquellen. So sind in einem Bereich von etwa 150 m entlang von häufig begangenen Wegen kaum Nester von Wiesenbrüter zu finden. Gerade bei kleinen oder stark erschlossenen Wiesenbrütergebieten engt dies den ohnehin schon knappen Lebensraum noch weiter ein.

Zwar können sich auch Bekassinen an mache indirekte Störquellen, wie das Geräusch einer vielbefahrenen Straße, durchaus gewöhnen, doch durch die Wiesen laufende Spaziergänger oder gar Hunde stellen für sie eine unmittelbare Gefahr dar, auf die sie mit Flucht reagieren. Vor allem freilaufende Hunde als potenzielle Fressfeinde steigern die Fluchtdistanz und führen zu großem Stress bei den brütenden und Junge führenden Altvögeln. Oftmals wirken sich solche Störungen unmittelbar auf den Bruterfolg aus, da die verlassenen Eier schnell auskühlen und leichte Beute für Rabenkrähen und Möwen sind. Auch die noch nicht flüggen Jungvögel werden in Abwesenheit der Eltern noch schneller Opfer ihrer natürlichen Fressfeinde und auch immer wieder von jagenden Hunden.

Einfache Verhaltensregeln

Doch ein Spaziergang durch eine blühende Wiesenlandschaft und der Schutz von Wiesenbrütern vor Störungen müssen sich nicht ausschließen. In manchen Wiesenbrüterlebensräumen gibt es eine spezielle Besucherlenkung durch weniger sensible Bereiche, die den Wiesenvögeln zuliebe auch unbedingt eingehalten werden sollte. Und natürlich kommt es auch auf die Rücksichtnahme und das richtige Verhalten jedes Einzelnen an. „Hunde anleinen, auf den ausgewiesenen Wegen bleiben und sich ruhig verhalten – mit diesen einfachen Regeln kann man Bekassine und Co. eine ungestörte Brut ermöglichen, ohne selbst auf Erholung und Naturerlebnis verzichten zu müssen“, rät Anne Schneider.