Vögel sind Opfer von Nässe und Kälte
Ohnehin stark bedrohte Arten wie Bekassine, Wiesenweihe und Ortolan betroffen – Brutausfall beim Mauersegler bis zu 90 Prozent
Dauerregen, Kälte und die Hochwasser-Überschwemmungen der letzten Wochen sind in der Tierwelt Bayerns für großflächige Verluste verantwortlich. Die Liste der betroffenen Vogelarten ist breit gefächert. So litten nicht nur alle Wiesenbrüter, wie die Bekassine, und Greifvögel, wie die Wiesenweihe, darunter. Auch Insektenjäger, wie der Mauersegler, und bodenbrütende Singvögel, wie der Ortolan, verloren ihre Bruten. Da derartige Regenereignisse immer wieder vorkommen, sind die Vögel grundsätzlich daran angepasst. Sie können derartige Verluste aber nur durch guten Bruterfolg in den folgenden Jahren wieder ausgleichen, wenn genug geeigneter Lebensraum zur Verfügung steht, der nicht durch neue Siedlungs- und Gewerbegebiete gerade in Flussauen überbaut wird. Daher fordert der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) als eine wichtige Begleitmaßnahme eines ökologischen Hochwasserschutzes einen funktionierenden Biotopverbund.
Schwer von den Auswirkungen der Hochwasserfluten betroffen waren alle Wiesenbrüter, wie der Vogel des Jahres die Bekassine, der Große Brachvogel oder der Kiebitz. Hier fielen in den überschwemmten Talauen sämtliche Bruten den Wassermassen zum Opfer. Sich auf höher gelegene, verbundene Ausweichflächen retten zu können, wäre nicht nur für die Wiesenbrüterküken, allesamt Nestflüchter, überlebenswichtig gewesen. Deshalb verstärkt der LBV in diesem Zusammenhang seine Forderung: „Der Biotopverbund darf nicht nur auf dem Blatt bestehen, sondern muss auch in der Natur funktionieren“, so LBV-Artenschutzreferent Dr. Andreas von Lindeiner. „Wir brauchen zudem Strukturreichtum in der Fläche, also Ackerraine, Hecken, Säume, und ungenutzte Uferrandstreifen, um Erosion zu verhindern“, fordert er weiter. Auch Schilfbewohner, wie Teich- und Sumpfrohrsänger, verloren ihre Bruten. Zusätzlich starb in den Nestern dieser Arten auch der Nachwuchs des Kuckucks. Zudem ist davon auszugehen, dass ein Großteil der in den überschwemmten Talauen lebenden Insekten, wie Heuschrecken und Schmetterlinge, nicht überlebt haben. Anderenorts fehlte vielen Vögeln aufgrund der vom Dauerregen völlig durchnässten Böden die Nahrungsgrundlage für ihre Jungen zur Brutzeit. Im Boden lebende Tiere, z.B. Feldmäuse oder Regenwürmer, hatten auf großen Flächen keine Überlebenschance. So ist beim Mäusebussard regional mit erheblichen Brutausfällen zu rechnen. Für die ohnehin hoch bedrohte Wiesenweihe war es ebenfalls sehr schwer, überhaupt Nahrung zu finden. Viele Paare haben daher erst gar nicht gebrütet, so dass der Bruterfolg dieses Jahr deutlich geringer ausfallen wird als in früheren Jahren. Beim ebenfalls auf der Roten Liste stehenden Ortolan gingen zahlreiche Bruten zu Grunde, da die Nestlinge äußerst empfindlich gegenüber Starkregen und Unterkühlung sind. Ein ähnliches Schicksal wurde auch weiteren Bodenbrütern wie der bedrohten Feldlerche zu Teil.
Auch Schwalben und Mauerseglern fehlte aufgrund des Dauerregens die Nahrungsgrundlage, was vor allem bei Letzteren zu zahlreichen Verlusten sowohl bei den Alt- als auch bei den Jungvögeln führte. Regional sorgte das zum Teil sogar für Brutausfälle von bis zu 90 Prozent. Da Mauersegler bereits Anfang August wieder wegziehen und die Verluste dieses Jahr überwiegend nicht werden ausgleichen können, ist in den nächsten Jahren mit einer deutlichen Verringerung der Bestände zu rechnen. Auch die Lage der Schwalben ist kritisch, doch haben sie derzeit wenigstens noch eine Gelegenheit zur zweiten Brut.
Auch die Fledermäuse litten unter dem schlechten Wetter der letzten Wochen, da sie als Luftjäger keine Insekten fangen konnten. Bedrohte Arten wie die Große Hufeisennase zogen sich deshalb z.T. wieder in ihre Überwinterungsquartiere zurück. So kam es auch nicht zu einem möglichen Versorgungsengpass bei der Jungenaufzucht, da diese Fledermäuse ihre Jungtiere erst später bekommen. Häufige Vögel wie Amsel oder Meisen können derart extreme Wetterbedingungen einfacher wegstecken. Sie brüten ohnehin mehrmals im Jahr oder beginnen eine Ersatzbrut. Profiteure des nassen Frühjahrs dürften zumindest die Kreuzkröten und Unken sein, die aufgrund der Witterung bessere Fortpflanzungsvoraussetzungen in den kurzfristig entstandenen Gewässern vorfinden als bei längerer Trockenheit.
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