Gewalt gegen Oberfrankens Polizisten weiterhin besorgniserregend
Mit 555 Attacken auf Polizisten im Jahr 2012 registrierte die Oberfränkischen Polizei erneut eine Zunahme an Übergriffen. Im Vergleich zu 2011 bedeutet dies für Oberfranken eine besorgniserregende Steigerung um 13,7 Prozent. Die steigende Gewaltbereitschaft gegen die Beamten verdeutlicht auch die Bilanz des vergangenen Wochenendes, an dem alleine vier oberfränkische Polizeibeamte während des Dienstes verletzt wurden.
Hohe Gewaltbereitschaft
Das massive Aufbegehren gegen polizeiliche Maßnahmen beginnt in besorgniserregender Art bereits bei geringfügigen Eingriffen wie Identitätsfeststellungen und Sachverhaltsklärungen und eskaliert spätestens bei Platzverweisen, Gewahrsamnahmen oder Festnahmen. Oft liefern Maßnahmen im Zusammenhang mit kleineren Bagatelldelikten gewaltbereiten Personen bereits Anlass genug, ihrer Aggression und Respektlosigkeit freien Lauf zu lassen.
Die jüngsten Beispiele vom Wochenende beweisen eindrucksvoll, welcher Gewaltbereitschaft die Polizisten ausgesetzt sind. So erlitt am frühen Samstagmorgen ein Polizeibeamter in der Forchheimer Adenauerallee eine Knochenfraktur, als er einen rabiaten Fahrraddieb auf frischer Tat stellen wollte. Der Forchheimer Polizist hatte zusammen mit seinem Streifenkollegen den 24-jährigen Langfinger während seiner Flucht gestellt. Bei der Festnahme des alkoholisierten Diebes versuchte sich der Mann mit aller Gewalt aus dem Polizeigriff zu befreien, wodurch sich der Beamte schwer an der Hand verletzte. Er musste sich anschließend in ärztliche Behandlung begeben und ist bis auf weiteres nicht dienstfähig. Auch in Coburg und Bayreuth kam es am Samstag und Sonntag nach vorausgegangenen Körperverletzungsdelikten zu Attacken gegen die schlichtenden Polizisten.
Diese Ereignisse sind leider keine Einzelfälle und mittlerweile häufig die bittere Realität für die Einsatzkräfte. Knapp die Hälfte der Übergriffe (262) finden auf öffentlicher Straße statt, gefolgt von Privatwohnungen und Grundstücken (100) sowie innerhalb der Polizeidienststelle (54). Eher seltener stellen Gaststätten, Discotheken sowie Fußballplätze die Tatorte dar.
Bei den 555 Übergriffen im Jahr 2012 in Oberfranken (2011: 488) waren 1.190 Beamte und damit mehr als jeder zweite oberfränkische Polizist betroffen. Während zwar der Großteil der Polizisten diese Attacken körperlich unbeschadet überstand, zogen sich dennoch 180 Beamte (2011: 133) bei körperlichen Angriffen zum Teil erhebliche Verletzungen zu. Das Resultat dieser Verletzungen waren insgesamt rund 526 krankheitsbedingte Ausfalltage.
Städte als Schwerpunkte der Übergriffe
Obgleich sich die Mehrzahl der bayernweit registrierten Fälle von Gewalt gegen Polizeibeamte in den größeren Städten ereignete, blieb 2012 auch der ländliche Raum nicht verschont. Meist handelte es sich bei den betreffenden Straftaten um Widerstandshandlungen, Beleidigungen, Körperverletzungsdelikte und Bedrohungen.
Im Vergleich zu den registrierten Übergriffen auf Polizeibeamte in den Landkreisen (Lkr. Bamberg: 37 Fälle, Lkr. Bayreuth: 18 Fälle, Lkr. Coburg: 10 Fälle, Lkr. Forchheim: 62 Fälle, Lkr. Hof: 22 Fälle, Lkr. Kronach: 28 Fälle, Lkr. Kulmbach: 44 Fälle, Lkr. Lichtenfels: 50 Fälle, Lkr. Wunsiedel/Fichtelgebirge: 38 Fälle), war auch in Oberfranken eine Häufung der Angriffe in den Mittelzentren Bayreuth (61 Fälle), Bamberg (76 Fälle), Coburg (49 Fälle) und Hof (58 Fälle) zu verzeichnen.
Die sogenannte Häufigkeitszahl, die angibt, wie viele dieser Straftaten je 100.000 Einwohner begangen werden, liegt in Oberfranken bei 52, bayernweit bei 53.
Wochenende – Nachtzeit – Alkoholkonsum
Die Erhebungen für das Jahr 2012 lassen auch in Oberfranken den Schluss zu, dass das Kriterium Alkohol bei gewaltsamen Übergriffen auf Polizeibeamte den Aggressionsverstärker Nummer 1 darstellt. Bei fast drei Viertel der Fälle standen die polizeilichen Widersacher mehr oder weniger stark unter dem Einfluss berauschender Mittel. Über 61 Prozent der Täter hatten Alkohol konsumiert. Die restlichen Angreifer hatten Drogen oder Medikamente und diese mitunter in Verbindung mit Alkohol intus.
Die Beleidigungsdelikte gegenüber den Polizeibeamten haben im Vergleich zum Vorjahr erneut deutlich zugenommen und stellen mit 205 Fällen das Gros der Gesamtdelikte dar (2011: 187). Beleidigungen von Polizisten sind mittlerweile neben ganz konkreten Bedrohungen der Normalfall auf der Tagesordnung.
Der Großteil aller Angriffe gegen Polizisten ereignete sich in den Nachtstunden, insbesondere an den Wochenenden. Als Tatverdächtige traten zu 80 Prozent Erwachsene (ab 21 Jahre) auf. 14,6 Prozent der Attacken kamen von Heranwachsenden (18 bis 20 Jahre) und 5,8 Prozent von Jugendlichen (14 bis 17 Jahre). Ein Kind (unter 14 Jahren) wurde mit einer Beleidigung gegen einen Polizeibeamten registriert. Mit 92,3 Prozent besaß die Masse der Täter die deutsche Staatsbürgerschaft.
Angepasste Aus- und Fortbildungen der Polizeibeamten
Die konsequente Weiterentwicklung von Aus- und Fortbildungsmodulen im Rahmen des polizeilichen Einsatztrainings (PE-Training) durch speziell geschulte Trainer nimmt einen hohen Stellenwert ein und zielt auch besonders auf das gestiegene Gefahrenpotential scheinbar harmloser Einsätze ab. Konflikte im Umgang mit dem polizeilichen Gegenüber sollen nach Möglichkeit mit Mitteln der Kommunikation gelöst werden. Gleichwohl trainieren alle Vollzugsbeamten regelmäßig für den Ernstfall einer Attacke, denn die Statistik zeigt, dass die bevorzugte kommunikative Lösung des Konflikts leider nicht immer die Zustimmung des Gegenübers erfährt.
Auf Grundlage des Lagebildes „Gewalt gegen Polizeibeamte“ sollen weitere Erkenntnisse für Einsatzstrategien und -konzepte gewonnen und umgesetzt werden, um dadurch diesem Phänomen adäquat entgegen wirken zu können.
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