Oberbürgermeister Andreas Starke zum Festakt "20 Jahre Welterbe Bamberg"
Redemanuskript – Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrte Frau Dr. Metze-Mangold,
sehr geehrter Herr Dr. Goppel,
sehr geehrter Herr Prof. Dr. Hüfner,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Manzenreiter,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
11, 12, 1993, 624, 20 – das sind nicht die Lotto-Zahlen vom heutigen Samstag, wie sie vielleicht denken. Das sind vielmehr die magischen Zahlen, die wir heute feiern. Am 11. Dezember 1993 wurde Bamberg als 624. Welterbestätte auf der Sitzung des UNESCO-Komitees in Cartagena (Kolumbien) in die Welterbeliste aufgenommen. Heute feiern wir das 20. Jubiläum dieser Titelverleihung. Hierzu begrüße ich Sie – auch im Namen meines Bürgermeisterkollegen Werner Hipelius – sehr herzlich.
Die Stadt Bamberg feiert heute einen wichtigen Geburtstag und wir fühlen uns dabei vom Schicksal beglückt. Ja, wir gestehen: die Bamberger Bürgerinnen und Bürger sind stolz darauf, zu den aktuell 37 deutschen Welterbestädten zu gehören. Es war ein historisches Ereignis, als unserer Stadt am 15. April 1993 hier in der Konzert- und Kongresshalle die Urkunde der UNESCO übereicht wurde.
Der damalige Oberbürgermeister Paul Röhner nahm die Urkunde von Dr. Bernd von Droste zu Hülshoff entgegen, der seinerzeit Direktor des UNESCO Welterbe Zentrums Paris war.
Mit der Eintragung in die Liste der UNESCO und der Urkunden-Übergabe wurde die mühsame 13-jährige Reise Bambergs auf dem Weg zum Weltkulturerbe erfolgreich beendet. Es war nicht so einfach, diesen Titel zu erreichen. Viele Initiativen und Anstrengungen mussten geleistet werden, um die Auszeichnung zu erhalten.
Damals, 1980, gab es als einziges deutsches Weltkulturerbe nur den Aachener Dom, der im Jahr 1978 den UNESO-Titel erhalten hat. Der frühere Oberbürgermeister Dr. Theodor Mathieu bat den Präsidenten des deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz, den bayerischen Kultusminister Hans Maier, Bamberg in die deutsche Vorschlagsliste für Welterbestätten aufzunehmen. Anlass hierfür waren unter anderem zwei Auszeichnungen, die Bamberg zu jener Zeit erhalten hatte: die Europa-Goldmedaille für die Bemühungen um die Erhaltung Bambergs als Gesamtkunstwerk im Jahr 1977 und die Goldplakette des Bundeswettbewerbs „Stadtgestaltung und Denkmalschutz im Städtebau“ 1979. Folgerichtig beschloss der Stadtrat im Jahr 1981, das Gesamtensemble „Bamberger Altstadt“ als Stadtdenkmal auszuweisen. Dies nahm dann Oberbürgermeister Paul Röhner zum Anlass, sich erneut mit dem Bayerischen Kultusministerium in Verbindung zu setzen, um das Bamberger Anliegen voranzutreiben. Schließlich wurde Bamberg nach einer ersten Ablehnung in die deutsche Tentativliste aufgenommen, auf der insgesamt 52 Objekte aufgeführt wurden.
Besonders hervorzuheben ist der ganz wichtige Beitrag von Prof. Dr. Tilmann Breuer. Er war es, der alle nötigen Informationen zusammentrug und den Text verfasste, der die Grundlage für den Antrag Bambergs bei der UNESCO 1991 bildete. Seine wissenschaftliche Begründung ist nach wie vor aktuell und lesenswert. Die Stadt Bamberg schuldet Prof. Dr. Tilmann Breuer großen Dank, den ich hiermit im Namen der gesamten Bürgerschaft auch öffentlich zum Ausdruck bringen will.
Zwei Jahre später, 1993, war es dann soweit: Bamberg wurde – ich zitiere – „als einzigartiges Beispiel einer zentraleuropäischen Stadt auf frühmittelalterlichem Grundriss und mit zahlreichen architekturgeschichtlich bedeutenden Monumentalbauten seit dem 11. Jahrhundert“ als 624. Mitglied in den Kreis des Welterbes der Menschheit aufgenommen.
Schon bald nach der Gründung der OWHC im Jahr 1993, der Organisation der Städte, die auf der Welterbeliste vertreten sind und die vor allem durch die jeweiligen Bürgermeister getragen wird, trat Bamberg dieser wichtigen Weltorganisation bei. Dadurch wurde die Stadt weltweit vernetzt und mit allen relevanten Organisationen, Einrichtungen und Gremien, die für das Welterbe von Bedeutung sind, verknüpft.
Die Verantwortlichen der Stadt Bamberg hatten frühzeitig erkannt, dass das Prädikat „Welterbe“ großartige Chancen bietet. Das galt zum einen für das allgemeine politische Bewusstsein. Die Mentalität, dass sich jeder für den Erhalt und die Entwicklung des Welterbes verantwortlich fühlen muss, verbreitete sich immer mehr. Außerdem sollten die touristischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um auch wirtschaftlich Vorteile für die Stadt zu erarbeiten. So wurde 1999 die Marke „Faszination Weltkulturerbe“ als Marketingstrategie für den Tourismus- und Kongress Service entwickelt. Ein fester Begriff, der in der Folgezeit eine hohe Anziehungskraft auslöste, im Inland genauso wie im Ausland.
Eine erste Zwischenbilanz wurde beim 10. Welterbejubiläum im Jahr 2003 gezogen. Mit zahlreichen Vorträgen, öffentlichen Veranstaltungen und fachlichen Veröffentlichungen wurde die Bedeutung des Welterbetitels für die Stadt und die ganze Region analysiert und gewürdigt. Zudem wurde die „Stiftung Weltkulturerbe Bamberg“ gegründet, die seitdem einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der wertvollen Bamberger Bausubstanz leistet. Herzlichen Dank an meinen Vorgänger und Ehrenbürger Herbert Lauer, der diese wichtige Weichenstellung vorgenommen hat und ich begrüße ihn sehr herzlich.
2005 wurde dann das „Dokumentationszentrum Welterbe“ gegründet, dessen Aufgabe heute vom „Zentrum Welterbe Bamberg“ weitergeführt wird. Dieses „Zentrum Welterbe Bamberg“ kümmert sich um alle Belange, die das Welterbe Bamberg betreffen: Die strategische Ausrichtung, die Vernetzung mit anderen Welterbestädten, die fachliche Beratung und die nachhaltige Unterstützung der Idee, das Welterbe zu bewahren und dafür auch Aufmerksamkeit zu gewinnen. Mit großem Erfolg kümmern sich städtische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seither um diese Aufgabe und ich begrüße die Gründerin dieses Zentrums, nämlich Frau Dr. Karin Dengler-Schreiber, sehr herzlich. Sie wird später noch zu Wort kommen.
Um die Belange des Welterbes durchzusetzen, bedarf es auch rechtlicher Instrumente. Das Bayerische Denkmalschutzgesetz, die einschlägigen Vorschriften der UNESCO, das ständige Monitoring durch die ICOMOS-Gruppe sind wichtige Voraussetzungen dafür, dass das wertvolle Erbe erhalten bleibt. Das entscheidende Ziel unserer gemeinsamen Bemühungen war und ist die Bewahrung der Authentizität, also des Echten, des Unverfälschten. Bamberg ist ein solches Original. Wir leben bekanntlich in einer Zeit des raschen Wandels und großer Dynamik. Trotzdem oder deshalb registrieren wir in vielen Städten Einförmigkeit, die dem Zeitgeist geschuldet ist. Viele Innenstädte, die überall dieselben Filialisten beherbergen und mit schablonenhaften Fassaden das Bild beherrschen, sind oftmals zum Verwechseln ähnlich geworden.
Bamberg ist dazu der Gegenentwurf. Die Stadt steht exemplarisch – so formulierte es die UNESCO in ihrer Begründung – für eine besondere Form der europäischen Stadt. Es ist die Stadt der kurzen Wege, in der die Funktionen menschlichen Lebens – Arbeiten, Wohnen, Versorgung, Freizeit und Kultur – nicht getrennt, sondern dicht miteinander verknüpft sind. Diese Form des urbanen Zusammenlebens ist für jung und alt attraktiv, weil dabei auch die sozialen Bindungen nicht verloren gehen und ein wichtiger Beitrag zur Identitätsstiftung geleistet wird.
Wo die hohe Lebensqualität in einem historisch geprägten Stadtbild für die Bürgerinnen und Bürger spürbar wird, wächst auch die Chance, dem demographischen Wandel entgegenzuwirken. Gestern wurden die Ergebnisse der jüngsten Volkszählung veröffentlicht. Die Bevölkerungszahl in Deutschland ist geschrumpft, Oberfranken ist besonders betroffen. Alle großen oberfränkischen Städte mussten einen Einwohnerrückgang hinnehmen, Bamberg bildet dabei eine rühmliche Ausnahme: Die Einwohnerzahl ist gestiegen. Es fehlt nicht mehr viel und wir werden die größte oberfränkische Stadt sein. Die erfolgreiche Symbiose aus Welterbe, Infrastruktur, Wirtschaftskraft, Kultur und Heimatliebe ist eine wichtige Ursachen für diese positive Entwicklung.
Bambergs „Outstanding Universal Value“, sein außergewöhnlicher Wert, der die Stadt für einen Platz auf der UNESCO-Liste des Welterbe prädestiniert, ist für die meisten Bamberger glücklicherweise nicht eine Selbstverständlichkeit, sondern Teil ihrer Identität. Nur mit dem Wissen, der Wertschätzung und dem Engagement jedes Einzelnen kann das Welterbe eine Zukunft haben. Denn das Welterbe Bamberg, das sind wir alle. Und jede Bürgerin und jeder Bürger dieser Stadt kann und muss seinen Teil dazu beitragen, damit das Welterbe lebendig bleibt.
Ich danke deswegen allen Bürgerinnen und Bürger, die durch ihr Engagement das Welterbe schützen. Sei es durch eigene Investitionen in das Einzeldenkmal, sei es durch ehrenamtliches Engagement in den Schutzgemeinschaften, Bewahrungsorganisationen oder auch durch spontanes und gut gemeintes Einmischen in die tägliche Kommunalpolitik. Sie beweisen damit echten Bürgersinn und haben den Respekt von uns allen verdient.
Bamberg hatte in der Vergangenheit Glück als im Zweiten Weltkrieg die historischen Bauwerke weitgehend unversehrt blieben. Kaum etwas musste mühsam rekonstruiert werden. Heute haben wir wieder Glück, weil diese festliche Stunde von verschiedenen Akteuren bereichert wird: Ich danke Frau Dr. Verena Metze-Mangold, der Vizepräsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission, und Prof. Dr. Klaus Hüfner, dem Ehrenmitglied des Vereins UNESCO-Welterbestätten Deutschlands, für ihre nachfolgenden Wortbeiträge und darf Sie beide sehr herzlich in unserer Mitte begrüßen.
Mein herzlicher Willkommensgruß gilt Herrn Dr. Thomas Goppel, der längst zum Bamberg-Fan geworden ist. Als früherer Wissenschaftsminister und jetziger Vorsitzender des Bayerischen Landesdenkmalrates fördert er die Geschicke unserer Stadt. Nebenbei bemerkt: ohne seinen Einfluss wäre die Universität nicht auf der ERBA-Insel entstanden, ein Meilenstein in der Entwicklung unserer Universitätslandschaft. Außerdem bringt er sich in die Kuratorien der Weltkulturerbestiftung und der Sommer-Oper ein, um nur einige Beispiele zu nennen. Lieber Herr Dr. Goppel, herzlichen Dank für Ihre hilfreiche Unterstützung und ich freue mich gemeinsam mit dem geneigten Publikum auf Ihre anschließende Festrede. Herzlich willkommen, lieber Dr. Goppel.
Später erleben wir die Verleihung des Denkmalschutzpreises der Stiftung Weltkulturerbe Bamberg an die Schutzgemeinschaft Alt-Bamberg. Ich grüße den Ersten Vorsitzenden, Dr. Jörg Händler, sehr herzlich und danke ihm und allen Mitgliedern der Schutzgemeinschaft für ihre jahrzehntelangen Bemühungen für die Erhaltung, Instandsetzung und den Wiederaufbau von Bau- und Kulturdenkmälern in Bamberg.
Besonders freue ich mich, dass die Schutzgemeinschaft heute nicht, wie bei der Urkundenverleihung vor knapp 20 Jahren, vor der Konzerthalle Flugblätter verteilen muss, um auf die schwierige Verkehrssituation in der Altstadt hinzuweisen, sondern hier mit uns gemeinsam diese Jubiläumsfeier begeht. Was nicht bedeutet, dass die verkehrliche Situation in Bamberg bereits optimal ist und alle Probleme gelöst sind. Das soll hier und heute aber nicht vertieft werden, ein weites Feld. Außerdem war es bisher ein schöner Abend.
Schließlich grüße ich meinen Freund, Bürgermeister Helmut Manzenreiter, der mit einer stattlichen Delegation aus unserer Partnerstadt Villach hierhergekommen ist. Vor wenigen Stunden haben wir das 40-jährige Jubiläum der Städtepartnerschaft zwischen Villach und Bamberg in einem Festakt würdig gestaltet. Sie merken schon: wir lassen keine Feier aus. Es ist uns eine Ehre, dass die Villacher Stadtkapelle die heutige Veranstaltung musikalisch umrahmt. Herzlichen Dank an die Villacher Musiker, die heute den Platz der Bamberger Symphoniker eingenommen haben!
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