Biogas-Boom und Intensivgrünland bedrohen Bekassine
Die falsche Rechnung mit dem Biogas und eine intensive Grünlandbewirtschaftung gefährden nicht nur den Vogel des Jahres
Die Bekassine hat es schwer, einen geeigneten Platz zum Brüten und für ihre Jungen zu finden. Intakte Moore sind heute Mangelware und weicht der Vogel des Jahres auf bewirtschaftet Wiesen und Weiden aus, findet er fast ausschließlich Intensivgrünland vor. Der zunehmende Verlust von geeignetem Lebensraum wird dazu vom aktuellen Biogas-Boom noch verschärft. Grünland wird massenhaft umgebrochen, um darauf Energiepflanzen wie Mais oder Raps für die überall entstehenden Biogasanlagen anzubauen. Doch die moderne Landwirtschaft wird sich auf Dauer nicht rechnen, mahnt der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV).
Der Lebensraum für die Bekassine in Bayern wird immer enger. Auf den vielen intensiv bewirtschafteten Grünlandflächen kann sie in den entwässerten, trockenen Böden kaum Nahrung finden. Durch die wenigen, dafür aber schnell wachsenden Grasarten und starke Düngung sind die Flächen oft schon zu dicht und zu hoch bewachsen, wenn die Bekassine mit der Brut beginnen will. Pestizideinsatz sorgt zusätzlich dafür, dass der Arten- und Strukturreichtum auf Intensivgrünlandflächen verloren geht. Wird trotzdem ein Brutversuch unternommen, fällt das Gelege dem Traktor oder Mähwerk zum Opfer, da die Mahdtermine für die Bekassine oft zu früh angesetzt sind.
Doch die moderne, intensive Landwirtschaft wird sich langfristig nicht rechnen: es bringt zwar kurzfristig höhere Erträge, große Mengen Düngemittel und Pestizide aus-zubringen. Die dauerhaften Folgen jedoch tragen wir alle. Denn die Giftstoffe gelangen auch in den Nährstoff- und Nahrungskreislauf und verursachen immense Schäden für Mensch und Tier. Ganze Ökosysteme kippen um und nützliche Insekten verschwinden. Nicht nur die Bekassine, auch viele andere Vögel finden immer weniger Nahrung und Lebensraum und für den Menschen geht so ein großes Maß an Lebensqualität verloren.
Vom Grünlandumbruch für den Anbau von Energiepflanzen ist selbst Feuchtgrünland betroffen, sofern es noch nicht in der Hand des Naturschutzes ist. Selbst die öffentliche Hand, die eigentlich eine besondere Verantwortung trägt, tauscht Wiesen in Talauen mit Landwirten und ermöglicht es dadurch, dass auch diese Flächen in Äcker umgewandelt werden. Die Verursacher begründen dies oft mit dem Klimaschutz; doch ihre Rechnung geht nicht auf. Denn durch den Umbruch von Feuchtgrünland wird letztlich mehr klimaschädliches Kohlendioxid aus dem Boden freigesetzt, als man durch den Verzicht auf fossile Energieträger einsparen kann.
Die Natur und unser Klima schützen wir viel besser, indem wir feuchte Wiesen und Weiden erhalten und wiedervernässen. Das Kohlendioxid bleibt im Boden, und gleichzeitig bewahren wir unsere Feuchtlebensräume davor, dass die Klimaerwärmung sie nicht zu arg trifft. Denn sie drohen besonders in Zeiten des Temperaturanstiegs auszutrocknen.
Vielerorts kommt die Bekassine, wie viele andere Wiesenvögel, nur noch auf Ankaufsflächen und in Schutzgebiete vor. Doch auch außerhalb davon können durch eine angepasste Bewirtschaftung Voraussetzungen geschaffen werden, unter denen sie erfolgreich brüten kann. Viele Bundesländer setzen daher beim Schutz der Wiesenbrüter auf vertragliche Vereinbarungen mit dem Flächenbewirtschafter. In diesen Verträgen werden zum Beispiel ein Verzicht auf Düngung, die Steuerung der Bodenfeuchtigkeit, der erste Mahdzeitpunkt oder die Mähmethode geregelt. Finanziert wer-den die Maßnahmen aus so genannten Agrarumweltprogrammen. Die Akzeptanz dieser Verträge und ihre naturschutzfachlichen Erfolge hängen in großem Maße von ihrer Flexibilität, der regionalen Anpassung und einer attraktiven finanziellen Ausstattung ab.
Doch zu diesen Punkten besteht momentan noch großer Nachbesserungsbedarf: Zu wenige potenzielle Wiesenbrüterlebensräume sind bisher unter Vertrag, und nicht in jedem Fall kann mit einer entsprechenden Bewirtschaftung auch der gewünschte Erfolg erzielt werden. Hier ist eine verstärkte politische Lobbyarbeit notwendig, um eine Optimierung der Agrarumweltprogramme zu erreichen.
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