Erzbischof Schick zum Verhältnis Kirche und Staat
Erzbischof Schick plädiert für eine „balancierte Trennung für das Gemeinwohl“ zwischen Staat und Kirche
(bbk) In der aktuellen Debatte um die Beziehungen von Staat und Kirche hat der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick sich für eine „positive Neutralität“ des Staates gegenüber den Religionen ausgesprochen. Die religiös-weltanschauliche Neutralität des Staates dürfe nicht Zurückdrängung des Religiösen oder gar Distanzierung von Kirche und Religion bedeuten: „Neutralität des Staates bedeutet vielmehr, dass alle Menschen und Religionsgemeinschaften grundsätzlich dieselben Rechte genießen“, sagte Schick am Donnerstag in einem Vortrag in St. Augustin bei Bonn. Die deutsche Rechtsordnung anerkenne die Verantwortung der Kirchen für das Gemeinwesen und fördere ihr öffentliches Wirken. In diesem Zusammenhang sprach Schick von einer „balancierten Trennung für das Gemeinwohl“.
In Deutschland gebe es keine Staatskirche, Staat und Religionsgemeinschaften seien getrennt. „Und doch hat der Staat nicht den Anspruch, laizistisch zu sein.“ Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen sei eine unabdingbare Voraussetzung dafür, dass der Staat unter Wahrung seiner Neutralität eine Kooperation mit den Religionsgemeinschaften pflegen könne. „Will der Staat konfessionellen Religionsunterricht an Schulen erteilen, Theologie an Universitäten lehren oder Seelsorge in Gefängnissen, Krankenhäusern oder der Bundeswehr zulassen, so ist er dafür auf einen Partner angewiesen, der die spezifisch religiösen Dinge frei von staatlicher Einflussnahme in eigener Verantwortung bestimmt und regelt“, betonte Schick. Nur so sei der Staat davor gefeit, seine religiöse Neutralität zu verletzen.
„Das Religiöse hat in Deutschland seinen Platz im öffentlichen Leben“, fügte der Erzbischof hinzu. Dies sei eine Grundentscheidung der deutschen Verfassung, die sich auch in der Auslegung der grundrechtlichen Glaubensfreiheit zeige. Die Religionsfreiheit rage immer auch in den öffentlichen Bereich hinein. Das komme dadurch zum Ausdruck, dass das Grundgesetz den Sonntag und die Feiertage nicht nur als Tage der Arbeitsruhe schütze, sondern auch für die seelische Erhebung.
Schick verteidigte die Besonderheit des deutschen Staatskirchenrechts, wonach die Kirchen und andere Religionsgemeinschaften den Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts genießen. „Sie werden dadurch nicht etwa Teil des Staates, dies wäre eine eklatante Verletzung der Trennung von Staat und Kirche“, betonte Schick.
Dass heute nur noch 60 Prozent der Bundesbürger einer der großen Kirchen angehören, habe auch Einfluss auf die staatliche Wahrnehmung der Kirchen und ihre Bedeutung, räumte Schick ein und verwies auf die religiöse Pluralisierung und die zunehmende Zahl von Muslimen. Die Bischöfe hätten sich wiederholt für eine gleichberechtigte Teilhabe der Muslime ausgesprochen und sich für den Bau von Moscheen und islamischen Religionsunterricht eingesetzt. „Das Grundrecht auf Glaubensfreiheit kennt keine Abstufung zwischen verschiedenen Bekenntnissen“, betonte Schick und fügte hinzu: „Wir betonen aber auch, dass die gleichen Rechte auch für die Christen in muslimisch geprägten Ländern gelten müssen.“
Auch bei der Kirchensteuer werde das besondere Verhältnis von Kirche und Staat in Deutschland deutlich. Das Kirchenrecht gehe davon aus, dass es eine solidarische Verpflichtung jedes Mitglieds gibt, sich an den finanziellen Lasten der Religionsgemeinschaft zu beteiligen. „Die Kirchensteuer trägt dazu bei, dass der Beitrag entsprechend der finanziellen Leistungsfähigkeit möglichst gerecht und sozial zumutbar erhoben wird“, sagte Schick. Die Kirchensteuer sei eine kircheneigene Finanzierungsform und keine Form der Staatsfinanzierung. Damit unterscheide sie sich grundlegend von den in anderen europäischen Staaten eingeführten Kultursteuern, die zum Teil den Religionsgemeinschaften zufließen. „Dass sich das System der Kirchensteuer in Deutschland bewährt hat, zeigt sich letztlich auch darin, dass neben der evangelischen und katholischen Kirche auch die Alt-Katholische Kirche, jüdische Landesverbände und Gemeinden sowie einige freireligiöse Gemeinden Kirchensteuer erheben“, sagte Erzbischof Schick. Das Staats-, Kirchen- oder Religionsrecht in Deutschland habe sich bewährt und zum Wohl der Gesellschaft erwiesen. Es könne und müsse weiterentwickelt und zugleich bewahrt werden.
Der Bamberger Erzbischof sprach in St. Augustin auf einer Veranstaltung des „China-Zentrums“ zum Thema „Die Beziehungen Staat-Kirche/Religionen in Deutschland (und Europa)“. Schick ist auch Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Bischofskonferenz.
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