Torffreies Gärtnern schützt Bekassine und Klima
Großflächiger Abbau von Mooren zur Torfgewinnung für Gartenerde ist eine enorme Bedrohung für den Vogel des Jahres und das Klima
Alljährlich im Frühjahr greifen Hobbygärtner in den Gartencentern und Baumärkten wieder zu frischer Blumenerde, die zum Befüllen von Pflanzgefäßen, Blumentrögen und Balkonkästen verwendet wird. Vielen Blumenfreunden ist dabei nicht bewusst, dass sich in den Plastiksäcken mit der Aufschrift „Erde“ größtenteils nur Torf befindet. Doch der Abbau von Torf geht mit einer enormen Zerstörung von Mooren einher, was den Verlust einer großen Artenvielfalt und wertvoller Lebensräume zur Folge hat und dazu das Klima schädigt. Auch der Vogel des Jahres 2013, die Bekassine, die derzeit wieder in ihre bayerischen Brutgebiete zurückkehrt, ist in hohem Maße davon betroffen. Der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) ruft deshalb die Bevölkerung dazu auf, nur noch torffreie Erde beim Gärtner zu verwenden.
Es gibt eine einfache Möglichkeit, die Freisetzung großer Mengen klimaschädlicher Gase durch Torfabbau zu verhindern und sich gleichzeitig für den Schutz der Bekassine, dem Vogel des Jahres 2013, und ihrer Lebensräume einzusetzen. Alle namhaften Hersteller von Blumenerden bieten inzwischen in ihrem Sortiment auch torffreie Erdsubstrate an. Diese bestehen aus einer Mischung von Kompost, Rindenhumus, Holzfasern und gelegentlich auch Kokosfasern. Solche Substrate vereinen alle positiven Eigenschaften des Torfs in sich und eignen sich teils sogar noch besser für Balkon und Garten. So kann einfach durch die Verwendung von torffreier Garten- oder Blumenerde der Zerstörung von Mooren durch Torfabbau entgegengewirkt wer-den. Aufpassen muss man aber bei der Auswahl der Blumenerde. Manche Erden tragen die Aufschrift „Torfreduziert“ – auch hier ist noch ein großer Anteil Torf dabei. Nur die Aufschrift „Torffrei“ garantiert, dass die Blumenerde zu 100% aus schnell nachwachsenden Rohstoffen besteht und wirklich zum Moorschutz beiträgt.
Die Bekassine ist ein Vogel der Moore. Hier findet sie in der lockeren, oberen Moorschicht und in Flachwasserbereichen ein ausreichendes Nahrungsangebot; ein Mosaik aus lockerer und dichter Vegetation aus Seggen, Wollgras und Binsen bietet zudem gute Deckung und geeignete Plätze für ein Nest. Doch ihr Lebensraum Moor schwindet zusehends. Waren Moore über viele Jahrhunderte der Inbegriff für eine bedrohliche Wildnis und wurden vom Menschen gemieden, gehören sie heute zu den am stärksten gefährdetsten Ökosystemen Deutschlands. Auf 95% der noch vor wenigen Jahrhunderten bestehenden Moorfläche werden die entwässerten und „toten“ Moore in Deutschland geschätzt. Im Zuge des technischen Fortschritts wurden und werden Sie bis heute trockengelegt, um sie für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung urbar zu machen oder zur Torfgewinnung abzubauen.
Hintergründe zur Torfgewinnung
So wird alleine in Deutschland eine Fläche von über 30.000 Hektar zur Torfgewinnung genutzt, wobei das Zentrum der Torfindustrie in Niedersachsen liegt. Und vor allem in den großen Mooren Osteuropas werden riesige Mengen Torf abgebaut. Dieser wird vor allem für die Herstellung von Blumenerde verwendet. Allein für den Freizeitgartenbau werden nur in Deutschland alljährlich ca. 3 Mio. m³ Torf abgebaut. Da-bei arbeiten sich große Bagger und Fräsen durch die zuvor entwässerten Moore. Auf diese Weise gehen wichtige Lebensräume für viele spezialisierte Tier- und Pflanzenarten verloren, die nur hier überleben können. Für zahlreiche Vogelarten sind Moore wichtige Brut- und Rastplätze, da sie durch die wasserreiche Umgebung gut vor Fressfeinden geschützt sind und viele Arten, wie z.B. die Bekassine, sind bei ihrer Nahrungssuche auf möglichst feuchte, weiche Böden angewiesen.
Doch nicht nur für die Artenvielfalt, auch für uns Menschen hat der Verlust von Moo-ren durch Torfabbau erhebliche Folgen. Zum einen wirken Moore im Landschaftswasserhaushalt als Wasserrückhalteflächen. Gehen diese verloren, sind zunehmende Überschwemmungen in Siedlungsgebieten und auf landwirtschaftlichen Nutzflächen die Folge. Zum anderen sind Moore wichtige CO2-Speicher: doppelt so viel CO2 wie in allen Wäldern weltweit wurden in Mooren im Laufe vieler tausend Jahre festgelegt. Bei einem Abbau der Torfschicht entweichen in kurzer Zeit große Mengen klimaschädlicher Gase, was den Treibhauseffekt verstärkt. In Deutschland trägt so der Torfabbau zu rund 4,5% zur gesamten Treibhausgasemission bei.
Die Entwicklung von Torf ist dagegen ein sehr langsamer Prozess. Er entsteht nur unter wassergesättigten, sauerstoffarmen Bedingungen, wie man sie in Mooren und Verlandungszonen antrifft. Die hier wachsenden Torfmoos, Seggen und Wollgräser können sich nach dem Absterben in einem solchen Milieu kaum zersetzen und bilden den Torf. In einem Jahr entsteht auf diese Weise eine nur etwa 1 mm starke Torfschicht. So dauert es also 1000 Jahre bis sich eine Torfmächtigkeit von einem Meter entwickelt hat. Aber bereits eine 15 cm mächtige Torfschicht speichert so viel CO2 wie ein 100-jähriger Wald auf gleicher Fläche.
Auch die NAJU gärtnert ohne Torf
Leckere Kräuter, frisches Gemüse und herrlich blühende Balkonblumen auf Kosten seltener Tier- und Pflanzenarten von Moor- und Feuchtgebieten? Auch die Naturschutzjugend im LBV möchte mit vielen Aktionen in den eigenen Gruppen darauf hinweisen, dass es zu handelsüblichen Erden einfache Alternativen gibt. Anhand von umfangreichem Bildungsmaterial machen sich Kinder und Jugendliche auf spielerische oder experimentelle Art mit dem Thema Moor vertraut und setzen sich im Rahmen öffentlicher Aktionen konkret für den Schutz des wertvollen Lebensraums ein. Ziel ist, möglichst viele Freunde, Bekannte und Verwandte zu sensibilisieren und zu einer Umstellung im Verbraucherverhalten zu animieren.
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