Zwei Kreuzberge und ein Bier

Die Franziskaner vom Kreuzberg in der Rhön brauten gemeinsam mit Norbert Winkelmann im Brauhaus am Kreuzberg in Hallerndorf

Bruder Martin, Luitgard Friedel-Winkelmann, Simon Winkelmann, Norbert Winkelmann, Bruder Johannes Matthias

Bruder Martin, Luitgard
Friedel-Winkelmann, Simon Winkelmann, Norbert Winkelmann, Bruder Johannes
Matthias

Die Mönche des Franziskaner-Klosters auf dem Kreuzberg in der Rhön haben Norbert Winkelmann vom Hallerndorfer Kreuzberg besucht und gemeinsam mit ihm den neuen Pilgertrunk eingebraut. Mit dabei hatten sie unter anderem auch echtes Kreuzberg-Quellwasser, das zusammen mit dem Wasser aus der Hallerndorf-Kreuzberg-Quelle die Grundlage des Bieres bildet.

Ein Brauer-Leben schreibt viele schöne Geschichten. Vor etwa einem Jahr landete eine Glosse auf dem Tisch von Bruder Martin, dem Leiter des Franziskaner-Kloster auf dem Kreuzberg in der Rhön landete. Darin ließ sich ein Zeitungsredakteur in der Rhöner Mundart über die vermeintlich „schlafenden“ Klosterbrüder von „seinem Kreuzberg“ aus. Erst habe er an einen Aprilscherz gedacht, doch tatsächlich: Ein Bischof hat Bier auf dem Kreuzberg gebraut, aber nicht auf seinem Kreuzberg, sondern auf „dem annere Kreüzberch“ in Hallerndorf. Gerade als der Franziskaner, auf dessen Kreuzberg seit 1731 eine Brauerei betrieben wird, mit dem Lesen fertig war, klingelte das Telefon, und Norbert Winkelmann vom Hallerndorfer Brauhaus war dran.

Schnell stand der heiße Draht und die beiden beschlossen, gemeinsam ein quasi Doppel-Kreuzberg-Bier zu brauen. Mitte Februar war es dann soweit: Die Mönche bestiegen ihr Gefährt, und machten sich auf die lange Reise von der Rhön in die Fränkische Schweiz. Zwei Stunden und 150 Kilometer später staunten sie nicht schlecht, als sie das Ensemble aus Wallfahrtskirche, Brauhaus und Bierkellern zum ersten Mal erblickten. Mit im Gepäck hatten sie einen großen Bottich echtes Kreuzbergwasser aus der Rhöner Quelle, mehrere große Flaschen Bier und passende Krüge. „Aber nicht als Wegzehrung oder Notration“, wie Bruder Martin erklärte, „sondern als Gastgeschenk.“

Das neue Bier ist im Gärtank und die Brüder nutzen die Gelegenheit zum "Zwickeln": Bruder Johannes Matthias (links), Bruder Martin und Norbert Winkelmann

Das neue Bier ist im Gärtank und die Brüder nutzen die Gelegenheit
zum „Zwickeln“: Bruder Johannes Matthias (l), Bruder Martin und Norbert
Winkelmann

Nach einer kurzen Begrüßungsrunde ging es ans Eingemachte. Die Brüder Martin und Johannes Matthias, Geschäftsführer der Klosterbetriebe in der Rhön, machten sich gemeinsam mit Norbert Winkelmann an den gemeinsamen Biersud. Das Kreuzbergwasser aus der Rhön und Quellwasser vom Hallerndorfer Kreuzberg landeten in der Sudpfanne, das Malz in der Schrotmühle. Einige Stunden kochen, dann edler Aromahopfen hinzu. Am Abend schließlich war das Werk getan, und der fertige Sud landete nach einem Segen im Gär- und Lagerkeller, wo es sich die Mönche natürlich nicht nehmen ließen, aus den anderen Tanks gleich mal ein Bier zu zwickeln – man merkte, dass sie sich in einer Brauerei bestens auskannten.

Dazwischen war natürlich viel Zeit für Gespräche. Besonders Bruder Martin zeigte sich von dem Familienbetrieb in Hallerndorf beeindruckt: „Was für ein Gegensatz, bei uns arbeiten neben den sieben Mönchen über 70 Angestellte, und hier machen Sie das mit der Familie!“ Der 72jährige Klosterchef lebt erst seit knapp drei Jahren in der Rhön und leitete zuvor 18 Jahre in Halle eine katholische Pfarrei. „Da waren gerade mal 4% der Menschen katholisch, die Oberbürgermeisterin habe ich überhaupt nur einmal gesehen – und das war zu meinem Abschied“, wusste er zu berichten, „hier in Franken ist das Leben einfach vom Glauben geprägt. Und ich habe noch nie so gut gegessen wie hier!“

Für Mitbruder Johannes Matthias waren diese Erfahrungen quasi ein alter Hut. Schließlich wuchs er in der Rhön auf und machte sein Abitur am Bamberger Theresianum. Als Spätberufener stieg der gelernte Maschinenschlosser direkt im Kloster in der Rhön ein. „Das Brauen war für mich allerdings völlig neu“, gestand der Franziskaner, „aber wir sind ja nicht alleine.“ Damit meint er den angestellten Braumeister, der schon fast zu den Brüdern gehört. „Der letzte Franziskaner braute noch mit 90 Jahren seinen letzten Sud auf dem Kreuzberg. Das war in den 1960er Jahren. Danach übernahm dessen Lehrling, und heute ist wiederum dessen Sohn der Braumeister. Ein Stammhalter ist auch schon in Arbeit.“ Bruder Johannes Matthias kann auf eine echte Erfolgsgeschichte zurückblicken. In den letzten 15 Jahren konnte das Kloster unter seiner Geschäftsführung den Bierumsatz auf fast 10.000 Hektoliter pro Jahr verdoppeln. Das ist mehr als die zehnfache Menge des Hallerndorfer Kreuzberg-Bieres.

Es gibt also auch in einer Klosterbrauerei so etwas wie eine erfolgreiche Familientradition. Ähnlich wie in Hallerndorf, wo Familie Friedel-Winkelmann auf über 550 Jahre Brautradition zurückblicken kann. „Bei uns ist die Brauerei sogar zwei Jahre älter als die Kirche“, schmunzelt Norbert Winkelmann. Der Vater von vier Kindern muss sich wahrscheinlich keine Sorgen um die Fortführung des Familienbetriebes machen – Sohn Peter und Tochter Marika werden demnächst echte Biersommeliers.

Gebraut haben die Mönche gemeinsam mit Winkelmann übrigens den „Pilgertrunk“, ein uriges Siebenkornbier mit Malzen von Weizen, Gerste, Dinkel, Emmer, Einkorn, Hafer und Roggen. Wie jedes Jahr spenden die Friedel-Winkelmanns von jedem Liter ausgeschenkten Bieres 50 Cent für einen guten Zweck. Heuer kommt das Geld der Kreuzbergkirche zugute, die 550jähriges Jubiläum feiert und einigen Renovierungsbedarf aufweist. Im Ausschank ist der Sud der beiden Kreuzbergbrauereien ab sofort im Brauhaus am Kreuzberg. Die Mönche aus der Rhön haben allerdings einen erneuten Besuch bereits angekündigt – nach den Feiertagen werden sie sich persönlich von der Qualität des Doppel-Kreuzbergbieres überzeugen.