Erste Archivalien im Bayreuther Universitätsarchiv
Seit dem 1. März 2013 gibt es in Bayreuth ein Universitätsarchiv. Noch ist das Gebäude, das die Universität ihrer jüngsten Einrichtung in der Leuschnerstraße 51 zur Verfügung gestellt hat, fast leer und wird noch hergerichtet. Doch Karsten Kühnel, der Archivar, hat dort bereits ein Büro und kann von seiner ersten Erwerbung oder „Akzession“, wie Archivare dazu sagen, berichten: einem Stehordner mit Unterlagen des Gründungspräsidenten der Universität, Dr. Klaus Dieter Wolff. Dies sei das Eröffnungsstück des ersten Bestands „N 1 – Nachlass Klaus Dieter Wolff“ und zugleich die Grundlegung der Bestände des Universitätsarchivs, sagt Kühnel.
Der Ordner bleibt vorerst noch im Büro des Archivars. Denn der erste Magazinraum ist noch nicht eingerichtet. Seit dieser Woche werden Langzeitmessungen zu Feuchtigkeit und Temperatur vorgenommen. „Zuerst wollen wir herausfinden, welche klimatischen Schwankungen im vorgesehenen Magazinraum existieren, wenn wir keinerlei flankierende Maßnahmen zur Regulierung betreiben. In einer zweiten Messperiode wollen wir versuchen, mit Hilfe der im Haus vorhandenen Technik eine konstante Temperatur halten zu können. Für eine dritte Messphase werden wir die Regulierung der Luftfeuchtigkeit näher betrachten“, erklärt Kühnel. Wenn die klimatischen Voraussetzungen stimmen, können die Bestückung des Raums mit Regalen und nötige Umbaumaßnahmen erfolgen. Anschließend werden die Messungen noch einmal wiederholt. Bevor die ersten umfangreicheren Akzessionen aus der Registratur der zentralen Universitätsverwaltung und aus den Fakultäten erfolgen können, wird also noch etwas Zeit vergehen.
In der Zwischenzeit wird das Archiv die Software für die Erschließung und Verwaltung des Archivguts auswählen und ein Archivierungskonzept erarbeiten. „Wichtig für die Transparenz der archivarischen Arbeit ist ein nachvollziehbares und von allen Beteiligten akzeptiertes Bewertungsmodell. Dieses legt fest, nach welchen Kriterien Unterlagen entweder Archivgut werden oder zur Vernichtung freigegeben werden. In der Sprache der Archivare wird in diesem Prozess die „Archivwürdigkeit“ von Verwaltungsschriftgut ermittelt.“ Archivgut, das mindestens 30 Jahre alt ist, ist für die historische Forschung frei zugänglich, das schreibt das Bayerische Archivgesetz vor. Enthält es jedoch personenbezogene Angaben, Archivare sprechen von „persönlichkeitsschutzrelevanten“ Daten, so sind diese Unterlagen bis zehn Jahre nach dem Tod der Person gesperrt. Sondergenehmigungen für eine vorzeitige Nutzung sind nach klar definierten Regeln im Einzelfall möglich.
2015 blickt die Universität Bayreuth auf 40 Jahre Lehrbetrieb zurück. Das Universitätsarchiv wird zu diesem Jubiläum einen Beitrag liefern. Archive sind das historische Gedächtnis der Einrichtungen, die von ihnen betreut werden. Ein Universitätsarchiv ist die zentrale Stätte, in der die Geschichte der Universität dokumentiert wird. Es ist jedoch nicht die Institution, die exklusiv mit der Erforschung der Universitätsgeschichte beauftragt ist. Vielmehr wird sie den Einstieg geben und dazu motivieren, dass sich Historiker mit der Universität befassen. „Wir wollen keine Offizialgeschichtsschreibung“, sagt Kühnel, „sondern Ansatzpunkte bieten, von denen aus Wissenschaftler und Nachwuchswissenschaftler tiefer eindringen können.“ Dabei erhofft sich das Universitätsarchiv eine fruchtbare Zusammenarbeit mit Mitgliedern der Universität Bayreuth.
Karsten Kühnel hat einen Hintergrund als Archivwissenschaftler. An seinen vorhergehenden Wirkungsstätten, dem Internationalen Suchdienst in Bad Arolsen und dem Bundesarchiv in Berlin, hat er sich intensiv mit Erschließungstheorie und den einschlägigen internationalen Standards beschäftigt. Seine Erfahrungen möchte er in Bayreuth einbringen. Ein Archiv, das noch nicht in feste Strukturen gepresst sei, biete optimale Voraussetzungen, Erkenntnisse der modernen Archivwissenschaft in der Praxis sichtbar zu machen.
Ausgesprochen förderlich sei dafür die Digitalisierung von Archivgut. Der große Stellenwert, den die Universität der Digitalisierung von Archivgut beimesse, trage wesentlich dazu bei, die Nutzungs- und Auswertungsmöglichkeiten zu optimieren und moderne Arbeitsweisen von Forschern ebenso wie von Archivaren zuzulassen. Die Universität, so Kühnel, sei hier sehr vorausschauend und sehe die Chancen einer umfassenden Digitalisierungsstrategie in Verbindung mit dem Erstaufbau ihres Archivs.
Das Bayerische Archivgesetz gibt den Universitäten die Möglichkeit, die Archivierung ihrer Unterlagen selbst zu regeln und dafür Universitätsarchive einzurichten. Andernfalls wären die Universitäten verpflichtet, ihr Archivgut an das zuständige Staatsarchiv zu geben. In Bayreuth gibt es neben dem Universitätsarchiv noch zwei weitere öffentlich-rechtliche Archive: das Stadtarchiv und das Lastenausgleichsarchiv als Teil des Bundesarchivs.
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