"Bambolero" in Kirchehrenbach

An diesem Abend war das Gasthaus Sponsel in Kirchehrenbach fast an die obere Kante seiner Möglichkeiten gekommen. Die Menge der Besucher und die Qualität des kulinarischen Angebotes ließen die gewohnten Normen weit hinter sich. Der Auftritt der fahrenden Schauspieltruppe „Bambolero“, die ihr traditionelles Programm recycelte und aus abgenutzten Slapsticks neues spontanes Theater schuf, versah die fast zwanzigjährige Tradition der „Kirchehrenbacher Kulturwochen“ mit neuem Glanz.

„Bambolero“ nennt sich ein kleines Gasthaus am Rande der Nacht, Treffpunkt für die C-Prominenz im südlichen Oberfranken. Heinz Schleicher heißt der Chef dieses „spanischen Bestialitätenrestaurants“. Wie gelernt und gewohnt mustert er zu Beginn des ersten Aktes seine Gäste und sortiert sie ein. Bei seinem Auftritt ist die Ouvertüre des ländlichen Kulinarik-Festivals bereits über die Tische gegangen. Als „Appetizer“ gab es Mus vom Räucherfisch, als erster Gang folgten Sülze vom Wildhasenfilet, die in einer Salatkomposition mit Orangen-und Senfdressing serviert wurden.

Ganz anders sieht es im fiktiven Bambolero-Etablissement aus. Dort herrscht der spanische Meisterkoch Sancho Panscho in der Küche. Seine Kunstwerke veredelt er inzwischen nicht mit Stier- sondern mit Salmonellenblut. Das „hormonelle Sperrfeuer“, das dabei entsteht, lähmt seine Gäste in sensiblen Körperzonen. Chefchen Schleicher aber mustert und taxiert sein Publikum. Da präsentiert sich , der in pädagogischen Ehren ergraute, Gymnasialprofessor Schmidtina aus Kunreuth, von kommunikationsstarken „Grundschul-Miezen“ umgeben – ein Quark, den das „Bambolero“ – Drehbuch schon seit Jahren wortgetreu im Angebot hat.

Da sitzen besorgte Vegetarier und fürchten, dass ihr Grünzeug in der Küche verwelkt, bevor es auf dem Tisch erscheint. Das „fluoreszierende „ Unternehmen erbebt in Panik, als der plötzliche Besuch des bayerischen Ministerpräsidenten angekündigt wird. Das eröffnet die Möglichkeit, schon oft in diesem Kontext zitierte Spruchweisheiten ein weiteres Mal abzulassen. „Mit dem Staatschef im Bett ist`s gemütlich und nett“. „ Ob Bayernbier, ob Frankenwein / Seehofer lädt uns alle ein“. Doch die Realität sieht anders aus. Dort wird inzwischen als zweiter Gang eine „Klare Gänsekraftbrühe mit Gemüsestreifen serviert.

An diesem Abend steigert sich Küchenkommandant Ferdi zur Höchstform. Kein Wunder, stehen doch in seiner Herdkompanie zwei sagenhafte Küchenfeen aus Franken und dem Banat.

Im nächsten Akt des kulinarischen Lustspiels erreichen der theatralische Nonsens und die Küchenqualität gemeinsam ihren Höhepunkt. Der Restaurant-Chef übt seine Begrüßungsrede für die politische Lichtgestalt aus dem Altmühltal. Und auf den Tischen des Hauses landen die Spitzenprodukte der abendlichen Zungen – Olympiade: Gebratene Barbarie-Entenbrust in süßsaurer Balsamico-Sauce mit gedünsteten Schalotten und „Ehrabocher Bagges“. In der Zwischenzeit hat sich Küchenchef Sanscho Panscho als multifunktionales Talent erwiesen: auch als Biomülltonne ist er brauchbar, wie 60 Dosen vertilgte serbische Bohnensuppe erweisen.

Das finale Dessert in Kirchehrenbach aber bestand aus Nougat-Parfait mit marinierten Zimtzwetschgen.