Sonntagsgedanken: Die Flucht nach Ägypten (Gedenktag 14. Januar)
Mit dem Dreikönigstag am 6. Januar endet nach landläufiger Meinung die Weihnachtszeit und der graue Alltag hat uns wieder. Eine Episode der Weihnachtsgeschichte gerät dabei völlig aus dem Blick:
Auf der Holztür der St. Marienkirche in Köln finden wir eine doppelte Bildtafel zur Flucht der heiligen Familie nach Ägypten: Jesus und seine Eltern mußten ja vor den Soldaten des Herodes fliehen, der seine Krone nicht an den neugeborenen König der Juden verlieren wollte. Jesus und die Seinen waren also Asylbewerber, und wurden gerade im judenkritischen Ägypten aufgenommen. So sollten auch wir die Asylbewerber unserer Zeit nicht als Parasiten und Störenfriede abtun, sondern mit Verständnis behandeln. Der „Flüchtlingsstrom“ wird erst dann abebben, wenn die Menschen in ihren Heimatländern halbwegs vernünftig leben können. Hier sind unsere Politiker gefordert, sich für demokratische, humane Verhältnisse weltweit einzusetzen.
Auf unserem Bild erscheint Maria hoheitsvoll. Sie blickt in die Ferne, voller Vertrauen und Sehnsucht der von Gott geschenkten Zukunft entgegen. Zugleich scheint sie nach innen zu blicken, d. h. sie hört auf die Stimme Gottes in ihrem Herzen. Hören wir diese Stimme noch? Oder hören wir nur auf unsere Sorgen und Wünsche, auf den neuesten Trend?
Am Herzen Mariens liegt Jesus: Er ist die Mitte des Bildes, auch die Mitte unseres Lebens? Die Falten, die Marias Mantel wirft, wirken wie Strahlen, die von Jesus, dem Licht der Welt ausgehen. Mitten in dieser hochgefährlichen Situation – die Mörder im Rücken, eine unklare Zukunft vor Augen – leuchtet also das Licht der Welt auf, damals bei der Flucht der Familie Jesu und auch heute in den vielen, so oft übersehenen Zeichen der Liebe Gottes . Mariens Arme umfassen Jesus und so sollten auch wir die Sonne des Evangeliums festhalten, uns nicht entgleiten lassen. Zum Glauben gehört aber nicht nur das Vertrauen, das aufmerksame Zuhören auf Gott, der uns vielleicht ganz sacht anrührt, zum Glauben gehört das Handeln:
Auf unserem Bild sieht man deshalb auch die Szene, wie Josef im Traum die Weisung bekommt, mit Frau und Kind zu fliehen. Er ließ sich aufrütteln aus seinem Schlaf, hörte auf die energische Mahnung des Engels. Sind wir dazu auch bereit? Oder wollen wir weiterschlafen im alten trott, auf dem Bett der Ausreden, der Gleichgültigkeit?
Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de
Infos zu Christian Karl Fuchs:
- geb. 04.01.66 in Neustadt/Aisch
- Studium der evang. Theologie 1985 – 1990 in Neuendettelsau
- Vikariat in Schornweissach-Vestenbergsgreuth 1993 – 1996
- Promotion zum Dr. theol. 1995
- Ordination zum ev. Pfarrer 1996
- Dienst in Nürnberg/St. Johannis 1996 – 1999
- seither in Neustadt/Aisch
- blind
- nicht verheiratet
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