Unterricht am Strand Kretas: Bayreuther Didaktiker/innen bilden eine Woche lang MINT-Lehrer/innen aus ganz Europa fort
Lernen wo andere Urlaub machen
Bereits zum siebten Mal fördert die EU-Kommission eine einwöchige „Summer-School“ auf Kreta für Lehrer/innen naturwissenschaftlicher Fächer (gerne abgekürzt mit MINT) aus ganz Europa. Gleich sechs Doktoranden/innen des Bayreuther Lehrstuhls für Biologiedidaktik sind diesmal mit im Team, um insgesamt 75 Lehrer/innen aus 17 Ländern mit „inquiriy-based “-Unterrichtsmethoden vertraut(er) zu machen. Dieses forschend-entdeckende Lernen soll Schüler/innen selbsttätig an ein Lernziel heranführen, es räumt dem eigenständigen Lösen von gestellten Unterrichtsaufgaben besonders viel Raum ein. Auch Lehrer/innen lernen dies am besten, indem sie selbst wieder zu Schülern werden und ein solch eigenständiges Herantasten an individuelle Lösungen einüben. Wie später in der Schule gilt es eigenhändige Versuche durchzuführen und dabei Ergebnisse mit dem vorhandenen Vorwissen zu verknüpfen.
Seit einem guten Jahrzehnt fördern EU-Projekte in besonderer Weise forschend-entdeckendes Lernen im naturwissenschaftlichen Unterricht. Damals hatte eine Expertenkommission große europaweite Defizite im naturwissenschaftlichen Unterrichten ausgemacht und im so genannten Rocard-Report erste Fördermittel eingefordert, um in den naturwissenschaftlichen Absolventenzahlen auch in Europa wieder Anschluss an das Weltniveau zu erlangen. Allein am Bayreuther Lehrstuhl der Biologiedidaktik werden in diesem Förderrahmen vier „Inquiry“-Forschungsprojekte durch die EU gefördert: Open Science Resources, Open Discovery Space, Natural Europe und Pathway. Letzteres wird durch den Bayreuther Lehrstuhlinhaber Professor Dr. Franz X. Bogner koordiniert und geleitet. Unter dem Dach dieser Koordination arbeiten 24 weitere Partnerorganisationen aus 15 Ländern zusammen: Universitäten, Lehrbildungs-Colleges, Museen und Forschungszentren und Schulen. Alle vier Projekte sind Mitveranstalter der diesjährigen „Summer-School“ auf Kreta.
Die sechs Bayreuther Doktoranden/innen haben dabei eine doppelte Aufgabe. Eine Gruppe konzentriert sich auf die Auswahl und Umsetzung von Unterrichtsmodulen, die andere auf die Evaluation der „Summer-School“ insgesamt. In der ersten Gruppe stellt beispielsweise Christian Fremerey den Unterrichtsansatz seiner Promotionsarbeit zum Grobthema Trinkwasser vor. Dieses entwickelt innerhalb eines deutschen Forschungsverbunds (mit dem Acronym: PRiMaT) in enger Zusammenarbeit mit verschiedenen Wasserwerken geeignete Unterrichtsmodule zum Großthema Trinkwasser. Eigenes Experimentieren, Arbeiten in Kleingruppen und ein ganz bewusster Alltagsbezug soll dabei höhere Motivationsebenen erzeugen und einen persönlicheren Bezug zum Lernstoff schaffen helfen. Man möchte also wegkommen vom reinen Faktenwissen, das Schüler ja per se noch nicht zu einem eigenständigen naturwissenschaftlichen Denken anregt oder befähigt. Man weiß durch einschlägige empirische Studien von einem deutlich längeren Behalten eines gelernten Unterrichtsstoffs, wenn er forschend-entdeckend erworben wurde, und nicht selten auch einem dauerhaft gesteigerten Interesse am Fach, wenn konsequent die Schüler-interaktive Unterrichtsphilosophie verfolgt wird. „Inquiry“ wird im deutschen Sprachgebrauch mit forschend-entdeckendem Lernen übersetzt. Man möchte damit einen weiteren Gegenpol zum Frontalunterricht schaffen. Schüler sollen sich dabei mit der Hilfe von eigenhändigen Schülerversuchen an die Lösung heranarbeiten. Der Lehrer tritt dabei mehr in den Hintergrund und übernimmt die Rolle eines Moderators.
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