Bürgerwindrad Sassendorf – Pionierarbeit wird am Sonntag 17. Juni gefeiert
Wie alles begann
Vor 20 Jahren Anfang der 1990’er Jahre brannte in Bayern der Kampf um Standorte für weitere Atomkraftwerke (AKW). Noch 1997 äußerte sich der damalige Ministerpräsident Edmund Stoiber, daß er in Bayern bis zur Jahrtausendwende ein bis zwei neue AKW am Netz haben wolle. Seit dem Reaktorunfall in Tschernobyl und den Auseinandersetzungen um die WAA Wackersdorf lehnte die Bevölkerung mehrheitlich neuen AKWs ab. Ein Zentrum des Kampfes um die möglichen Neubaupläne war der Standort Viereth. Daher beschäftigten sich damals bereits viele Interessierte und Fachkundige mit dem Thema Energie, weil es damals wie heute nicht ausreicht, nur gegen AKW zu sein; es müssen auch Ideen her, wie stattdessen umweltfreundlich Energie erzeugt werden kann.
Seit dem Mehrfach-GAU von Fukushima ist die Energiewende in aller Munde; die interessierten Kreise diskutierten genau diese Fragen jedoch schon in den 90’ern. Da war Frau Merkel wohl ein bißchen langsam …
Die wichtigste Voraussetzung für einen Ausstieg aus der hochgefährlichen Atomkraft ebenso wie aus der klimaschädlichen Nutzung fossiler Brennstoffe war damals schon erkannt: Die maßlose Verschwendung von Energie muß aufhören! Realistisch diskutiert wurde mit den technischen Möglichkeiten damals eine Reduktion des Energieverbrauchs um 75%. Die restliche noch benötigte Energie sollte in diesen Szenarien umweltfreundlich aus Sonne und Wind gewonnen werden. Daher entwickelten v.a. Tüftler aus Dänemark das jetzt allseits bekannte Windrad mit 3 Flügeln zur Stromerzeugung. Das Energie-Einspeise-Gesetz (EEG) wurde noch unter der Regierung Helmut Kohls eingeführt und garantierte, daß Strom aus Windrädern zu einem festen Preis ins allgemeine deutsche Stromnetz eingespeist werden konnte. Dadurch beflügelt wurden immer leistungsfähigere und größere Windräder entwickelt.
Mit der 1990’er Jahre fanden sich engagierte Menschen aus dem Umfeld des Bund Naturschutz und des Vierether Kuckucks-Ei zusammen, um dem drohenden AKW-Standort Viereth einen positiven Gegenentwurf entgegenzusetzen: Umweltfreundliche Energieerzeugung und weg von der Bevormundung durch quasi-monopolistische Stromkonzerne! Die Idee zu einem Bürgerwindrad war geboren. Als Standort kristallisierte sich der Berg zwischen Ebing und Sassendorf in der Gemeinde Zapfendorf heraus. Weder die Naturschutzbehörde beim Landratsamt Bamberg, noch der Denkmalschutz, noch die anderen beteiligten Umweltschutzverbände und Behörden hatten Einwände gegen diesen Standort. Die Gemeinde Zapfendorf, der Landkreis Bamberg und der Regionale „Planungsverband Oberfranken-West“ sprachen sich einhellig für diesen Standort aus.
Aber wer mit den ausgetretenen Pfaden brechen will, stößt naturgemäß auf den Widerstand derer, die sich einträglich in den bestehenden Verhältnissen eingerichtet haben. Die Regierung von Oberfranken hatte das Windrad Sassendorf abgelehnt. Daher geriet die Genehmigungsphase des Bürgerwindrads Sassendorf zu einer Zitterpartie. Das Projekt stand kurz vor dem Aus, weil die Verweigerungshaltung der Regierung von Oberfranken dazu führte, daß Fristen über bereits zugesagte Fördermittel für dieses Pilotprojekt nicht eingehalten wurden. Nur dank des unermüdlichen Einsatzes der „Rädelsführer“, allen voran Ludwig Trautmann-Popp vom BN, Zapfendorfs Bürgermeister Herr Josef Martin und die Firma Aerius (Kropp/Ebitsch) hat es am Ende doch geklappt.
Im November 1996 schrieb der Bund Naturschutz dazu in einer Pressemitteilung:
„Als offenen Affront gegen die von der bayerischen Staatsregierung geplante Verdoppelung der regenerativen Energien wertet der Bund Naturschutz die von der Regierung von Oberfranken ausgesprochene Ablehnung des geplanten Windfeldes Sassendorf, Gemeinde Zapfendorf, im Landkreis Bamberg. Der Bund Naturschutz sieht darin eine glatte Fehlabwägung und hat sich daher an Bayerns Umweltminister Dr. Goppel gewandt mit der Bitte, diese landesplanerische Beurteilung zu ändern.“
Dieses Schreiben ans Bayerische Umweltministerium hatte Erfolg: Im August 1997 teilte Staatssekretär Willi Müller dem Bund Naturschutz mit, daß dem Vorhaben aus naturschutzfachlicher Sicht keine wesentlichen, hoch zu gewichtende Bedenken entgegenstehen. Die Bezirksregierung wurde deshalb gebeten, die landesplanerische Beurteilung des Vorhabens wieder aufzunehmen.
Zum Jahreswechsel 1997/98 lag die Baugenehmigung für eine Anlage vor. Mit drei Veranstaltungen von Vierether Kuckucks-Ei und Bund Naturschutz konnten genügend Investoren gefunden werden, so dass Ende März 1998 der Startschuss für den Bau gegeben werden konnte. Der Grundstein wurde am 27. Mai 1998 gelegt, auf den am 16. Juni das Windrad, eine Enercon E-66 mit 1,5 MW Nennleistung aufgerichtet wurde. Am 30 Juni gab sie erstmals Strom ins Netz ab. Und am 26. Juli fand die kirchliche Weihe im Rahmen eines Festaktes mit 500 geladenen Gästen statt.
Das Ergebnis ist seit fast 15 Jahren weithin sichtbar: Das erste Bürgerwindrad im Landkreis.
So wurden die Teilhaber, die Bürger der Gemeinde Zapfendorf und natürlich den Sassendorfern die Windkraftpioniere in der Region.
Das Windrad läuft nach fast 15 Jahren immer noch rund – in jeglicher Hinsicht: Keine nennenswerten technische Probleme, die Kredite sind längst abbezahlt, die seriöse Rendite der Anteilseigner wird planmäßig erwirtschaftet. Allen Gerüchten zum Trotz.
Deshalb feiern wir!
Kommen wir jedoch zurück auf die Energiewende, erkennen wir, daß wir noch am Anfang stehen: Das Kuckucks-Ei und auch der Bund Naturschutz wünschen sich weitere Windräder in Oberfranken, am liebsten viele Bürgerwindräder, denn die Energiewende ist viel zu wichtig um sie den Großkonzernen zu überlassen – schließlich ist es auch unser Strom, der da produziert werden soll, und unsere Umwelt und Zukunft die es zu schützen gilt!
Derzeit wollen Freunde von Großkonzernen und Neider Bürgerwindräder schlecht reden: Die Behauptung, dass viele Windräder pleite wären ist nicht belegt. Wer so eine Aussage hört, soll sich die Konkursanmeldungen zeigen lassen. Die Politik in Berlin und die Wirtschaftsgrößen haben gemerkt, dass immer mehr Bürger mitentscheiden und auch mitverdienen wollen. Damit ihnen die Felle, sprich: Euros, nicht noch mehr „wegschwimmen“, haben sie sich was ausgedacht: Sie setzen lächerliche Aussagen entgegen:
z.B. die Aussage, man bräuchte über 5000 Kilometer neue Stromtrassen. Damit soll den Bürgern der Mut genommen werden, selbst aktiv zu werden. Windkraft und auch die Sonnenenergie sind in ungeahnt rasanter Zeit zu echten Konkurrenten gegenüber Atom-, Kohle- und wohl bald auch den Gaskraftwerken geworden. Das haben sie inzwischen an ihren Bilanzen festgestellt.
Wir Bürger mit den Erneuerbaren Energieformen überrollen die veralteten Techniken bald – und damit haben sie deutlich weniger vom kostbaren Kuchen. Man könnte dazu sagen: Das sind die Rückzugsgefechte von schlechten Verlierern.
Derzeit liegen die Entwürfe für die Windvorranggebiete aus: Leider ist auch hier kein wirklich großer Wurf gelungen!
„Die ausgewiesenen Flächen sind insgesamt zu klein und/oder zu wenige, um den Strombedarf zu decken. Zudem sollen die besten Flächen ausgeschlossen werden. Wir fragen uns: Stecken auch hier wieder die Großkonzerne dahinter??“, so Karin Zieg vom Vorstand.
Der Vorstand rät daher allen Bürgermeistern, Gemeinderäten und Bürgern, die Zeit bis zum 27.7.12 zu nutzen und ihre Wünsche und Vorstellungen für die Windflächen im Landratsamt Bamberg abzugeben.
Uns geht es nicht primär um die Wirtschaftlichkeit; doch die besten/windhöffigeren Flächen bringen uns dem Klimaziel schneller näher als drittklassige Flächen. Und jeder legt sein Geld lieber dort an, wo es ordentlich Zinsen oder Rendite bringt, oder?!
Jens Garleff vom Vorstand erinnert: „Weiterhin fordern wir, daß die Rahmenbedingungen der Energiewirtschaft so geändert werden, daß ein wirksamer Anreiz zu Energiesparen geschaffen wird. Bisher reden wir nur über die umweltfreundliche Stromerzeugung; es wird jedoch kaum gelingen, die Energiewende erfolgreich zu gestalten, ohne am verschwenderischen Umgang mit Energie etwas zu ändern. Es müssen daher massive wirtschaftliche Anreize geschaffen werden, damit sich Energieeffizienz lohnt. Dies könnte z.B. eine Energiesteuer sein, damit niemand mehr auf Kosten der Umwelt und der nachfolgenden Generationen billig Energie verschwenden kann! Mit dem eingenommenen Geld sollten die gewaltigen Schäden „repariert“ werden, die unsere nicht-nachhaltige Wirtschafts- und Lebensweise bereits an Natur und Umwelt angerichtet hat.“
Programm:
Wir erwarten ab 14 Uhr beim Windrad viele Radler der Sternfahrt sowie Bahn- und Wanderfreunde, die mit uns feiern. Die Anfahrt mit dem PKW zu einer Parkmöglichkeit ist ausgeschildert.
Nach garantiert kurzen Ansprachen lassen wir es richtig krachen: Live-Samba von Bateria quem e heizt uns ein und lädt zum Tanzen ein. Der Ortskulturring hält für uns Kaffee und Kuchen bereit. Natürlich gibt es auch Bratwurst aus der Region und vegi-bio-Wurst vom Grill zum fränkischen Bier.
Das familienfreundliche Fest bietet auch viel Spass für die Kinder: Der Bund Naturschutz kommt mit seiner „Erlebnis Wildnis“, dem NaturWaldMobil. Die Zapfendorfer Kindergärten sind auch dabei: lustige Windräder können selber gebastelt werden mit dem Kindergarten St. Christophorus und die Kinder von St. Franziskus schenken uns einen Tanz. Es wird in jedem Fall für alle ein lustiges Fest.
Sternradtouren und Bahnanreise:
Bamberg:
10 Uhr ab Goblmoo,
Gundelsheim:
12.30 Uhr ab Rathaus
Kemmern: 12.50 Uhr Alter Bahnhof
Breitengüßbach: 13.00, kleine Kirche
Litzendorf:
12 Uhr ab Rathaus
Schesslitz:
12 Uhr Alter Bahnhof
12.15 Uhr Wiesengiech
Ebensfeld:
13 Uhr ab Friedenslinde
Bad Staffelstein:
12.30 Uhr ab Rathaus
Lichtenfels:
11.45 Uhr ab Bahnhof
Anreisen mit der Bahn:
ab Bamberg: 12.04 Uhr
Gertrud Tel: 09635-921172
ab Lichtenfels: 12.20 Uhr
Ankunft: 12.33 Uhr: beide Gruppen gehen gemeinsam zum Windrad.
Anreise mit dem PKW:
Die Strecke zum Parkplatz ist ab Zapfendorf-Mitte ausgeschildert.
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