Gedanken zu Fronleichnam

Symbolbild Religion
Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Am 2. Donnerstag nach Pfingsten feiert die römisch-katholische Kirche Fronleichnam, was wörtlich „Leib des HERRN“ meint. Prozessionen mit Gebet, Gesang und Blasmusik ziehen durch die Straßen, allen voran die Monstranz mit der geweihten Hostie. Die  Protestanten lehnten dieses Fest stets ab, weil es keinerlei biblischen Hintergrund hat.

Das Anliegen dieses Festes ist freilich begrüßenswert: Der Gründonnerstag, also der Gedenktag des letzten Mahles Jesu mit seinen Jüngern, gerät in unserer evangelischen Kirche leicht unter die Räder, denn wir konzentrieren uns voll auf Karfreitag, auf das Leiden und Sterben Jesu, der unsere Schuld sühnte, unser Los bis hin zum furchtbaren Tod teilte. Zwar nehmen an diesem Tag noch relativ viele Evangelische das Abendmahl, doch predigen nur wenige Geistliche über das Sakrament. Das Fronleichnamsfest nun will die heilvolle Bedeutung des Altarsakraments unterstreichen.

Dazu ein wahres Erlebnis:
In der Kriegsgefangenschaft fühlte Jörg Zink, damals  ein junger Mann Anfang 20, das Wunder des Abendmahls. Da waren Tausende Deutscher Soldaten eng zusammengepfercht unter katastrophalen hygienischen Umständen. Da kursierten Gerüchte, was die siegreichen Alliierten mit Deutschland und den Gefangenen anstellen würden, da wusste niemand, wie es mit ihm und seiner Familie weitergehen sollte, ob die seinen überhaupt noch am Leben waren oder schon längst umgekommen bei Luftangriff oder Vertreibung. Mitten hinein in dieses Durcheinander der Menschen und Gefühle kam Jesus Christus, leibhaftig, persönlich, unmittelbar im Abendmahl.

Wenn wir Christen das Mahl des HERRN feiern, dürfen wir darauf vertrauen, dass der „Sohn Gottes“ mitten unter uns ist. Noch können wir ihn mit unsern ohnehin recht schlechten Sinnesorganen nicht wahrnehmen, aber wir dürfen seine Nähe spüren. Er kommt zu jedem, zu alten und jungen, armen und reichen, gebildeten und ungebildeten Menschen, nur deshalb,  weil er uns Ruhe und Kraft schenken möchte, eine unzerstörbare Hoffnung, die uns hilft, unser Leben zu ertragen, eine Hoffnung, die hinausweist über das Alltagsgewühl auf die Wiederkehr unseres HERRN. Wenn die Fronleichnamsprozessionen durch Felder und Wiesen ziehen, drücken sie damit aus, dass auch die Natur vom Wunder des Abendmahls profitiert, dass der Kosmos immer mehr von Christus durchdrungen wird und der gnadenlos-schicksalshafte Kreislauf von Werden und Vergehen aufhört bei der aller Welt sichtbaren Wiederkehr Christi.

Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de