Kantorei St. Bartholomäus in Pegnitz: Ein Oratorium gegen das Vergessen
Am Sonntag, 13. Mai, führt die Kantorei St. Bartholomäus in Zusammenarbeit mit dem Ballet Classique de Nuremberg um 17 Uhr in der St. Bartholomäuskirche Pegnitz das Oratorium „Liebe ist stark wie der Tod – Maria von Wedemeyer, eine unerhörte Frau“ von Gerd-Peter Münden auf.
Maria von Wedemeyer war noch keine 19 Jahre alt, als sie sich im Jahr 1943 mit Dietrich Bonhoeffer, dem bekannten Theologen und Gegner der Nationalsozialisten verlobt. Ihre Eltern sind adlige Gutsbesitzer auf Pätzig in der Neumark nahe Berlin. Ihr Vater war eine führende Persönlichkeit im „Stahlhelm“, Sekretär bei Franz von Papen und Wehrmachtsoffizier.
Als sie sich am 17. Januar 1943 verloben, soll bis zur Hochzeit noch eine längere Zeit verstreichen — Marias Vater war wenige Monate zuvor in Stalingrad gefallen. Die Verhaftung Bonhoeffers durchkreuzt alle Verabredungen. Jetzt wird die Bekanntgabe von den Familien beschlossen. Letztendlich blieb die Liebe zwischen Maria von Wedemeyer und Dietrich Bonhoeffer unerfüllt. Sie konnte nur in Briefen gelebt werden, die andere mitlasen: der Untersuchungsrichter, die Gestapo, die Bewacher. Einer breiten Öffentlichkeit wurde sie bekannt, als nach ihrem Tod der Briefwechsel, den Maria mit ihrem inhaftierten Verlobten geführt hatte, von ihrer älteren Schwester Ruth-Alice von Bismarck, Ehefrau von Klaus von Bismarck, veröffentlicht wurde.
Aus diesem Briefwechsel haben Walter Hollerweger und Estella F. Korthaus einen Text aus sieben „Bildern“ zusammengestellt, den Gerd-Peter Münden für den Deutschen Evangelischen Kirchentag 1997 in Leipzig in sieben Bildern vertont hat.
In diesen Bildern (Berlin 1943 / Landleben auf Gut Pätzig, der Heimat Maria von Wedemeyers / die Verlobung / Vaters Tochter und Dietrichs Braut / Marias Magnificat / Mein liebster Dietrich! – 8 Stunden Sprecherlaubnis / Von guten Mächten…) wird eindrücklich die persönliche Beziehung, die im Wesentlichen brieflich und unter behördlicher Bewachung erfolgen musste und das reichlich vorhandene politische und theologische, aber auch familiäre Konfliktpotential beschrieben. So werden auch stellvertretend für viele andere Opfer an einem Einzelschicksal die Folgen nationalsozialistischer Diktatur deutlich gemacht. Um den dramatischen Widerspruch zwischen der Verhaftung Bonhoeffers („Es ist etwas schlimmes passiert“) und dem (zu dieser Zeit an vielen Orten immer noch) beschaulichen Landleben weit weg von Krieg und Tod zu illustrieren, greift Münden auf altbekannte geistliche Lieder („Geh aus, mein Herz und suche Freud“ sowie „Ich will dich lieben, meine Stärke“) und Volkslieder („Wenn ich ein Vöglein wär“) zurück. Ebenso verwendet er Themen und Motive aus Werken von Johann Sebastian Bach und Frédéric Chopin. In der Einleitung des Oratoriums wird die berühmte Motette „Wie liegt die Stadt so wüst“ von Rudolf Mauersberger vollständig zitiert, der als Zeitzeuge der Zerstörung Dresdens seine Empfindungen musikalisch ausgedrückt hat – und deren zugrunde liegender Text aus den Klageliedern Jeremias hier eine erschreckende Konkretisierung erfährt. Abschluss und zentrale Aussage des Oratoriums ist das Gedicht „Von guten Mächten treu und still umgeben“, das Bonhoeffer in einem seiner letzten Briefe an Maria von Wedemeyer schreibt, ist wie kaum ein zweites geeignet, Glaubenszuversicht auch in Zeiten größter Bedrohung auszudrücken.
Ausführende sind die Kantorei St. Bartholomäus und Mitglieder der Staatsphilharmonie Nürnberg. Es tanzt das „Ballet Classique de Nuremberg“. Die Choreographie hat Barbara Zapf-Dorn, frühere Primaballerina am Staatstheater Stuttgart gestaltet und einstudiert. Solisten sind Kirsten Plecher (Maria von Wedemeyer), Wibke Kleuser (Ruth von Wedemeyer), und Anne Kuhnlein (Ruth von Kleist-Retzow). Außerdem Sophie Heilbronner (Cupido), Elena Avogoustis (Glaube), Doris Hu (Liebe), Judith Kuhnlein (Hoffnung) sowie Nadine Rother (gute, weiße Macht) und Katharina Jügler (böse, schwarze Macht). Das Ensemble setzt sich aus Schülerinnen der Ballettschule Zapf-Dorn, Nürnberg zusammen. Die Gesamtleitung hat Jörg Fuhr.
Eintrittskarten zum Konzert sind ab dem 25. April im Schreibwarengeschäft Wöckel in Pegnitz, Telefon 09241-5771 erhältlich. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.solideo.de, der Seite der evangelischen Kirchenmusik in Bayern, und auf der Seite www.pegnitz-evangelisch.de der evangelischen Kirchengemeinde Pegnitz. Die Abendkasse ist ab 16 Uhr geöffnet.
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