Gedanken zum Gründonnerstag
Um 1480 erblickte in Würzburg Matthias Neithardt, genannt Grünewald, das Licht der Welt. Zu seinen unbekannteren Werken gehört ein Abendmahlsbild von 1500: Jesus hat soeben den Verrat des Judas angekündigt. Die Jünger wirken fassungslos. Sie scheinen sich zu fragen, warum gerade Judas dies Schreckliche tun würde, warum keiner von ihnen. Sie fühlen sich wohl nicht besser als der Verräter, der auf seinem Stuhl zusammengebrochen dasitzt ins Leere blickend. Niemand starrt verächtlich, aggressiv auf den Unglücklichen. Im Gegenteil: Der Jünger neben ihm schaut ihn voll an, erhebt sich halb von seinem Platz, reicht ihm einen Becher Wein. Zwischen diesen beiden klafft eine Lücke: Sollen wir uns hier in den Kreis der Mahlteilnehmer einreihen? Sind wir derjenige, der heute Jesus verrät durch Gehässigkeit, Angepasstheit oder der, welcher den Verräter zurückholt in die Gemeinschaft?
Am Gründonnerstag feiern wir die Einsetzung des Abendmahles durch Jesus am Vorabend seiner Verhaftung. Das Abendmahl ist heute ja vielen Menschen unverständlich geworden und doch steht es im Mittelpunkt des christlichen Glaubens. Über die Bibel kann man sich streiten. Die Organisation Kirche wirkt auf manchen steif und lebensfern, Christen verhalten sich nicht immer wie Christus es erwartet. Aber das Abendmahl schafft Gemeinschaft mit dem Mitchristen und mit Christus selbst. Die sozialen und nationalen Unterschiede, der Charakter, die politische Überzeugung, die beruflich-familiäre Situation, all das spielt hier keine Rolle. Diese Welt mit ihren Sorgen, ihrer Hektik, ihren Konflikten, mit ihrer nimmermüden Jagd nach Spaß und Konsum, sie öffnet sich für Gott. Mögen wir im Krankenhaus sein, im Gefängnis oder in einem festlichen Dom, Christus kommt zu uns im Abendmahl. Gestärkt durch das Abendmahl, der sichtbaren Wiederkehr Christi zugewandt, können wir dann auch an seiner Kirche baun, uns denen zuwenden, mit denen wir es und die es mit uns schwer haben.
Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de
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