Leserbrief: Strafermittlung zwecks politischer Einschüchterung rechtens?

leserbrief-symbolbild

Sehr geehrte Damen und Herren!

Eine Behörde mittels offenen Briefs auf die Rechtswidrigkeit ihres Handelns hinzuweisen und dies durch Vergleich der Realität (Lichtbilder) mit den rechtlichen Regelungen (Zitate mit Quellenangaben) zu belegen, kann „als aggressiv empfunden“ werden. Deshalb „ist es … sachlich angezeigt“, im Rahmen einer Strafanzeige auf den Beschwerdeführer „hinzuweisen“, da er über die mutmaßliche Straftat (hier Anbringung von Aufklebern) „Informationen haben oder selbst verantwortlich sein“ könnte. So ist offensichtlich das Schreiben zu verstehen, in welchem die Bamberger Staatsanwaltschaft jetzt mitteilt: Ein „öffentliches Interesse“, daß sich der Betroffene gegen politische Einschüchterung durch ungerechtfertigte Veranlassung polizeilicher Ermittlungen wehrt, „bestünde … zweifelsfrei nicht“. Daß der Einstellungsbescheid in seiner Begründung relevante sachliche Fehler aufweist, sei der Vollständigkeit halber erwähnt.

Anfang September des Vorjahres hatte ich die Stadt Hallstadt öffentlich darauf hingewiesen, daß die angeordnete Benutzungspflicht auf den Radwegen am neuen Kreisverkehr Emil-Kemmer-Straße (Gewerbegebiet Bamberg-Hafen) rechtswidrig sei. Weder sei die grundlegende Voraussetzung, eine “auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse“ bestehende „Gefahrenlage …, die das allgemeine Risiko … erheblich übersteigt“ (StVO), erfüllt noch entsprechen die Radwege auch nur im mindesten den zwingend vorgeschriebenen baulich-qualitativen Anforderungen (VwV-StVO, ERA).

Die Stadt Hallstadt ging in ihren Antworten auf keinen einzigen Kritikpunkt ein. Sie teilte lediglich mit, sie sähe keinen Änderungsbedarf. Ferner veranlaßte sie, wie vorstehend erwähnt, polizeiliche Ermittlungen. Unbekannte hatten Protestaufkleber an den Radwegschildern angebracht.

Im Klartext bedeutet das Verhalten der Stadt Hallstadt in Verbindung mit der Beurteilung durch die Staatsanwaltschaft: Jede/r, der/die gegenüber staatlichen Stellen Kritik äußert, muß mit Besuch der Polizei rechnen. Denn niemand, der von seinen verfassungsmäßigen (!) Rechten, frei die Meinung zu äußern und sich an die zuständigen Behörden zu wenden, Gebrauch macht, kann ausschließen, daß zeitgleich andere umstrittenere Protestmethoden in derselben Angelegenheit einsetzen. Verantwortet wird dies von einem Bürgermeister, dessen Partei einmal „Mehr Demokratie wagen“ eingefordert hatte.

Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Bönig
Martin-Ott-Straße 8