Appell für frei fließende Flüsse: LBV kritisiert geplanten Ausbau der Wasserkraft in Bayern
Naturausbeutung wie vor über 100 Jahren
Zum Tag des Wassers am 22. März appelliert der Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. (LBV) an die bayerische Staatsregierung, die letzten Reste der frei fließenden Flüsse in Bayern zu erhalten. Auf deutlichen Widerspruch des LBV stößt deshalb der im Zuge der Energiewende geplante Neubau von Wasserkraftanlagen. In Bayern besteht aus technischer und insbesondere aus ökologischer Sicht an den Fließgewässern nur mehr ein sehr begrenztes Ausbaupotenzial. „Unsere Fließgewässer sind das wichtigste Biotopverbundsystem und ein bedeutendes Naturerbe, das erhalten werden muss“ fordert Ludwig Sothmann, Vorsitzender des LBV.
Der Anteil der Stromerzeugung aus Wasserkraft liegt in Bayern derzeit bei 15%, durch den geplanten Ausbau soll er auf 17% gesteigert werden. „Diese Steigerung um 2% ist für den Erfolg der Energiewende nicht entscheidend, wird aber gravierende Auswirkungen auf die letzten frei fließenden Gewässerabschnitte haben“, betont Ludwig Sothmann.
In Bayern gibt es ca. 4250 Wasserkraftanlagen die zusammen 13000 Gwh Strom pro Jahr erzeugen. 219 Anlagen davon erzeugen ca. 12000 Gwh, also 92 % der Energie, die restlichen 4000 Anlagen erzeugen nur 8 % der Gesamtstrommenge. Diese 4000 Anlagen haben eine jährliche Leistung von jeweils weniger als 1000 Kwh und erzeugen damit eine jährliche Strommenge, die nicht einmal den Verbrauch eines Einfamilienhauses abdeckt. Diese Anlagen leisten somit nur einen geringen Beitrag zur Stromerzeugung und zur C0-2-Einsparung, verursachen aber gleichzeitig massive Eingriffe in das Ökosystem Fließgewässer.
„Klimaschutz und Erhalt der Biodiversität sind die zwei großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts“, betont Ludwig Sothmann. „Maßnahmen zum Klimaschutz dürfen daher nicht zu Lasten der Biodiversität gehen“. Bei den Ausbauplänen werden die negativen Auswirkungen der Wasserkraft auf Fließgewässer nur unzureichend berücksichtigt. Viele Arten sind an schnell fließende, unverbaute Wasserläufe angepasst und hoch bedroht. Wasserkraftwerke unterbinden die Durchgängigkeit der Fließgewässer für Gewässerorganismen und den Geschiebetransport, haben negative Auswirkungen auf die Gewässerstruktur und verändern Gewässerparameter wie Sauerstoffgehalt, Strömungsgeschwindigkeit und Temperatur. Die fehlende Durchgängigkeit ist neben dem Sedimenteintrag die Hauptursache für den schlechten Zustand der Fließgewässer und den Bestandseinbrüchen bei heimischen kieslaichenden Fischarten wie der Äsche.
Der LBV begrüßt grundsätzlich die Einberufung eines Forums „Ökologische Wasserkraft“, das letzte Woche erstmals tagte, allerdings sieht er noch erheblichen Diskussionsbedarf bei der Ausgestaltung der Bayerischen Strategie zur Wasserkraft. „Der Neubau von Querbauwerken an bisher frei fließenden Gewässerabschnitten rein aus Gründen der Energieerzeugung widerspricht den Zielen einer ökologischen Energiewende “ verdeutlicht Ludwig Sothmann. Diese Forderung, die sich auch in dem 10-Punkte-Fahrplan des Umweltministeriums zur ökologischen und naturverträglichen Wasserkraftnutzung wiederfindet, muss verbindliche Leitlinie der Bayerischen Staatsregierung werden.
Seit Jahren fordert der LBV, dass die naturverträgliche Ausgestaltung bestehender Anlagen Vorrang vor einer weiteren Erschließung der Wasserkraft haben muss. So ist bei bestehenden Anlagen die ökologische Durchgängigkeit herzustellen. Neue Standorte für Wasserkraftwerke, die in den letzten frei fließenden Gewässerabschnitten geplant sind, werden vom LBV abgelehnt. Die Betreiber von Wasserkraftanlagen haben eine besondere Verpflichtung zum Erhalt der Fließgewässerökosysteme und durch die Wasserrahmenrichtlinie eine gesetzliche Verpflichtung, ökologische Verbesserungen an Wasserkraftanlagen durchzuführen. Hier besteht aus Sicht des LBV erheblicher Handlungsbedarf.
Gestützt wird diese Forderung des LBV durch den Koalitionsvertrag der Bundesregierung: „Frei fließende Flüsse haben einen hohen ökologischen Wert. Die Durchgängigkeit der Flüsse für wandernde Fische muss wieder hergestellt werden.“ An diese Vorgaben wird sich auch die bayerische Staatsregierung halten müssen.
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