Universität Bayreuth ist Partner des Technologie-Anwender-Zentrums Spiegelau

Professor Dr. rer. nat. Reinhard Höpfl, (Präsident HDU Deggendorf), Staatsminister Dr. Wolfgang Heubisch, Josef Luksch (Bürgermeister Spiegelau), Ludwig Lankl (Landrat Freyung-Grafenau) und Dr. Markus Zanner (Kanzler Universität Bayreuth) bei der Übergabe des symbolischen Glasschlüssels. Foto: Sebastian Schmitt

Übergabe des symbolischen Glasschlüssels

Das TAZ Spiegelau ist einer von 4 Außenstellen der HDU Deggendorf, die anwendungsorientierte Forschung in die unmittelbarer Nähe der Unternehmen bringen. Das Schwerpunktthema Glas ist in Spiegelau angesiedelt und widmet sich ganz der Forschung und Entwicklung für die Glasindustrie sowie der Vernetzung der Kompetenzen in Industrie und Wissenschaft. Am 2. März 2012 wurde das TAZ in Spiegelau feierlich eröffnet.

Das TAZ Spiegelau geht aus einer Initiative der Fachhochschule Deggendorf, namentlich Vizepräsident Professor Sperber, hervor und konnte mit der Unterstützung der Gemeinde Spiegelau, vertreten durch Bürgermeister Josef Luksch, des Landkreises Freyung-Grafenau und des Freistaates Bayern realisiert werden. Insbesondere das Engagement des Landrats Ludwig Lankl und der Bayerischen Regierung, vertreten durch Wissenschaftsminister Dr. Wolfgang Heubisch und Ministerialdirigent Dr. Wolfgang Zeitler sowie der Unterstützung durch die neu gegründete Betriebs- GmbH TAZ Spiegelau, ist es zu verdanken, dass sich für die Glasindustrie in Niederbayern neue Zukunftsperspektiven und neue Arbeitsplätze eröffnen.

Die Realisierungsphase des modernen Gebäudes war aufgrund der Arbeit aller am Bau Beteiligten und der Unterstützung der Gründergesellschaft TAZ extrem kurz: Erst 5 Monate zuvor war mit dem Spatenstich die erste Bauphase eingeleitet worden. Die Büro- und Verwaltungsgebäude, sowie die Labors konnten bereits vor Weihnachten bezogen werden.

Inhaltlich hat das TAZ Spiegelau die Schwerpunkte „Schmelze und Heißformgebung“ und „Präzisionsblankpresstechnologie“. Die Präzisionsblankpresstechnologie wird dabei von den bereits bestehenden Technologiecampus in Teisnach, Freyung und Cham unterstützt. Neben der Kooperation mit den bereits bestehenden Technologiecampus der Hochschule Deggendorf konnte für die Bereiche Schmelze und Heißformgebung die Universität Bayreuth als Partner gewonnen werden. Am Lehrstuhl für Werkstoffverarbeitung der Universität Bayreuth werden bereits seit mehr als zehn Jahren Verfahren und Werkstoffe für Glasprodukte und die Glasindustrie erforscht und entwickelt. Aufbauend auf dieser bestehenden Glasforschungskompetenz und der Kompetenz der Hochschule Deggendorf im Bereich optischer Bauteile, haben beide Institutionen im Jahr 2010 einen Kooperationsvertrag abgeschlossen, mit dem Ziel, in einem Technologiezentrum „Heiße Glastechnologie“ in Spiegelau gemeinsam mit Firmen der Glasindustrie Forschungsprojekte durchzuführen.

Durch gemeinsame kooperative F&E Vorhaben und gestärkt durch Unterstützung aus der Region und durch Landesmittel sollen Absolventen der unterschiedlichen Studienrichtungen für Glasforschung begeistert werden, durch kooperative Promotionen zu selbständiger wissenschaftlicher Arbeit befähigt werden und eine neue Generation von Entwicklern, Erfindern, Unternehmern bilden, die der früher berühmten Glasregion neue Impulse verleiht und ihr eine dauerhaft positive soziale, ökonomische und kulturelle Perspektive eröffnet. In der Lehre liegt der Schwerpunkt daher auf der Bereitstellung von Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten.

Das Technologiezentrum verbindet bestehende Bildungs- und Ausbildungsangebote in einem industrienahen Umfeld mit akademischer Ausbildung. Damit werden zusätzlich regional und überregional neue Weiterbildungsmöglichkeiten mit dem Schwerpunkt Produkt- und Prozessentwicklung, Qualitätssteigerung und produktionsintegrierter Umweltschutz geschaffen. Neben den Seminarräumen verfügt das TAZ Spiegelau über hochmoderne Labors für die Heißumformung, für Messtechnik und Analytik. „Glas ist vielfältig,“ so Michael Fuchs, Leiter des TAZ Spiegelau, „besonders in Optik und Prozessoptimierung liegen die Schwerpunkte für den Bereich Präzionsblankpresstechnologie. Hier können neue Kompetenzen für die Region aufgebaut werden“.

Die Bereiche Schmelze und Heißformgebung sind in der Schmelzhalle angesiedelt, deren Ausstattung den Anforderungen wissenschaftlicher Forschungs- und Lehrbedingungen genauso genügen, wie einer industrienahen Produktionsanlage im Kleinformat. Um die gesamte Prozesskette der Glasfertigung abzubilden, wird schrittweise eine industrienahe Infrastruktur analog zu einer Mini- Plant aufgebaut. Mehrere Kleinschmelzaggregate sollen aufgebaut und z.T. parallel betrieben werden, um ein breites Spektrum an Fragestellungen bearbeiten zu können und um Synergieeffekte zu nutzen. Die kleinste der Anlagen, die insbesondere der Farbglasentwicklung dienen wird, ist bereits zur Eröffnung in Betrieb. Die Größe dieser Anlage entspricht dem Mini-Melter, der bereits seit 10 Jahren im Technikum der Universität Bayreuth für Lehre und Forschung genutzt wird. Das TAZ Spiegelau wird hingegen auch über eine kontinuierliche Schmelzanlagen und Speisersystem mit einer Kapazität von ca. 1.000 kg geschmolzenem Glas pro Tag verfügen und damit industrienahe Testbedingungen bereitstellen. Diese Anlage wird vollelektrisch beheizt und stellt Glas für alle gängigen Formungsund Nachbearbeitungsverfahren in der Glasindustrie zur Verfügung. So können Glasbauteile gepresst, im Injektionsverfahren gespritzt oder Hohlglas ausgeblasen werden und entsprechende Halbzeuge oder Prototypen gefertigt werden.

In der technologischen Umsetzung dieser Mini-Glasschmelzanlagen führt die Universität Bayreuth die zehnjährige Zusammenarbeit mit der Firma Füller Glastechnologie fort. Neben der langjährigen Kooperation in laufenden und geplanten Forschungsprojekten mit der Universität Bayreuth, unter anderem im BFS Forschungsverbund FORGLAS und im BFS-Projekt Flexi-Plant, wird die Firma Füller auch Partner in der Ausstattung der Schmelzhalle sein. „Es ist schon eine fantastische Entwicklung“, so Alexandra Füller, die Geschäftsführerin der Firma Füller Glastechnologie, „dass mit der Kooperation zwischen der Fachhochschule Deggendorf und der Universität Bayreuth die Forschung sich auch nach Spiegelau orientiert und mit der Nähe zu unserem eigenen Unternehmen eine noch intensivere Zusammenarbeit zwischen Praxis und angewandter Forschung und Wissenschaft ermöglicht wird“.

Getestet und erforscht werden im TAZ Spiegelau Glasanwendungen vom technischen oder optischen Glasbauteil bis hin zum anspruchsvollen farbigen Designobjekt. Dabei wird es nicht immer darum gehen, Neuentwicklungen hervorzubringen, denn auch das Bewahren des jahrhundertalten Wissens als überlieferte Glasrezepturen oder traditionelle Techniken dient dazu, wertvolles Spezialwissen und Kulturkapital den Glas produzierenden Standorten zu erhalten.

„Die Zielstellung des Technologiezentrums ist es“, so Dr.-Ing. Thorsten Gerdes vom Lehrstuhl Werkstoffverarbeitung der Universität Bayreuth, „an der Schnittstelle zwischen industrienaher Forschung und akademischer Ausbildung mittelständischen Betrieben der Glasindustrie eine Plattform für Innovationen bereitzustellen“. Gerdes sieht die Aufgabe des Zentrums jedoch auch darin, die vorhandenen Kompetenzen in und außerhalb der Glasindustrie sowie der wissenschaftlichen Einrichtungen zu bündeln und zu nutzen.

Wenn Glas in zukunftsweisenden Technologien, wie beispielsweise in der Energietechnik, Medizintechnik und in der Biotechnologie eingesetzt wird, so sind die Anforderungen so vielschichtig, dass die Einbettung in Kompetenznetzwerke, wie sie das Technologiezentrum darstellt, einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil bringt.

„Profitieren soll in erster Linie die Region mit ihren glasverarbeitenden Betrieben sowie die industrienahen Firmen“, so Professor Dr. Monika Willert-Porada, Lehrstuhlinhaberin des Lehrstuhls für Werkstoffverarbeitung an der Universität Bayreuth. Denn das Zentrum soll sich zu einem Ort entwickeln, in dem bestehende Fertigungsverfahren verbessert, Einsparpotentiale ausgelotet und innovative Produkte entwickelt werden. In der Schmelzhalle des Technologiezentrums stehen die Versuchsmöglichkeiten und das Personal hierfür nun zur Verfügung. Dies schafft und erhält Arbeitsplätze in den Industriebetrieben der Region. Das Technologiezentrum entwickelt sich auch selbst zu einem Arbeitgeber mit geplanten 30 Arbeitsplätzen bis 2014 und damit zu einem Motor für die Zukunft der Gemeinde.