Sonntagsgedanken: Gebetswoche der Ev. Alianz vom 8. bis zum 15. Januar

Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Die Kirchen leeren sich. Liegt das an der angeblich so bürokratischen Organisation, an den Skandalen um sexuellen Missbrauch, an schlechten Vorbildern in der eigenen Familie?

Die Krise der Kirche ist eine Glaubenskrise, d. h. es geht hier ums Ganze, nicht um Kirchensteuer und Strukturfragen. Die Krise der Kirche liegt an der Krise des Gebets: Was beten heißt, erklärt uns Prof. Helmut Thielicke:

Während des 2. Weltkrieges verbrachte er so manche Nacht im Luftschutzbunker. Da drängten sich die Menschen in Todesnot eng zusammen und selbst der spöttischste Atheist, der oberflächlichste Schwätzer, der abgestumpfteste Prolet faltete die Hände zu einem verzweifelten Stoßgebet, wenn die Bombeneinschläge immer näher kamen und den Raum erbeben ließen. War dann aber der Angriff vorüber, räkelte man sich und stürmte, nach allen Seiten boxend und tretend hinaus ins Freie. Ein Dankgebet für die Errettung sprachen nur wenige.

Beten heißt, im Gespräch mit Gott bleiben. Wer aber keine lebendige Beziehung zu Gott hat, wird in der Not weniger beten als fluchen und sich allenfalls zu ein paar rasch dahingeplapperten Floskeln durchringen. Thielicke rät, wir sollten uns beim Beten nicht auf unsere Probleme und Sorgen konzentrieren, stattdessen lieber Gottes Güte preisen, der uns täglich das Leben, unsere Angehörigen, Beruf und eine Behausung schenkt. Wer sich in Gottes Hand geborgen fühlt, wird sich im Alltag entsprechend verhalten und kann dann auch Schweres ertragen, das nun einmal zum Leben dazugehört und nicht immer erklärbar ist. Klage und Anklage hat wohl auch Platz im Gebet, muss aber vom Vertrauen auf Gott gehalten werden.

Die rechte Haltung eines christlichen Beters sieht Thielicke in Albrecht Dürers Bild „Ritter, Tod und Teufel“ verwirklicht. Der Streiter hoch zu Roß blickt nach oben, wo in der Ferne auf einem Berg seine hell erleuchtete Burg grüßt, nicht nach unten, vor sich hin. So können die vielen Ungeheuer um ihn her seine Aufmerksamkeit nicht fesseln, ihm nicht Angst und Zweifel einflößen. Jedes echte Gebet sollte also schließen mit den Worten Jesu: „Nicht mein Wille, sondern Deiner soll geschehen!“

Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de