Vollversammlung der Handwerkskammer für Oberfranken am 28. November in Bayreuth
Damoklesschwert Finanzkrise
Jede Vollversammlung der Handwerkskammer ist etwas Besonderes, hat ihre eigenen Nachrichten und ihr eigenes Flair. Die Vollversammlung der Handwerkskammer war die erste, in der Thomas Koller als Hauptgeschäftsführer auftrat. Der Forchheimer Kreishandwerksmeister Werner Oppel wurde von der Vollversammlung einstimmig als Nachfolger des Bamberger Kreishandwerksmeisters Kaspar Reinfelder in den Vorstand gewählt. Und Kaspar Reinfelder wurde für seine jahrzehntelanges, herausragendes Engagement für das Handwerk in der Region, und damit für sein Lebenswerk, mit der Goldenen Ehrennadel der Handwerkskammer für Oberfranken, und vom Bayerischen Wirtschaftsministerium mit der Auszeichnung „Verdienter Ausbilder“ geehrt.
Ministerialrat Dr. Peter Stein vom Bayerischen Wirtschaftsministerium hob vor dem Hintergrund der guten Konjunktur und des mehr als soliden Arbeitsmarkts in Bayern hervor, dass die Soziale Marktwirtschaft in Bayern eine besondere Qualität hat. Mitten drin, so Stein, steht hier das Handwerk in Bayern, so Stein, das für die Werte von Familienbetrieben steht, und für besonders hohes ehrenamtliches Engagement. Und für gute Ausbildung. Deswegen werde das Bayerische Wirtschaftsministerium, so Stein, im kommenden Doppelhaushalt die Mittel für die berufliche Bildung im Handwerk aufstocken. Denn „gut ausgestattete Bildungsstätten sind für das Handwerk sehr wichtig“.
Und auch für Handwerkskammer- Präsident Thomas Zimmer war diese Vollversammlung etwas Besonderes. Denn in den letzten Jahrzehnten konnte kaum ein Kammer- Präsident so gute Konjunkturnachrichten vermelden wie am 28. November.
Die Geschäftslage im oberfränkischen Handwerk hat sich auf hohem Niveau stabilisiert, so Zimmer. 89,5% der Betriebe bewerten ihre aktuelle Geschäftslage als gut und befriedigend. 74% der befragten Betriebe konnten die Zahl ihrer Beschäftigten halten und 18% der Betriebe berichten sogar von steigenden Mitarbeiterzahlen. Und diese guten Umfragezahlen gelten auch für die Zukunft, zumindest bis zum 1. Quartal 2012, so der Kammerpräsident. Das Handwerk in Oberfranken trägt damit nachhaltig zur Stabilisierung des regionalen Arbeitsmarktes bei.
Natürlich war sich der Kammerpräsident auch der Risiken des Jahres 2012 bewusst. „Es könnte momentan so schön sein, hätten wir nur nicht die Staats-Schuldenkrise in Europa!! Sie ist für uns und unsere Gesellschaft ein echtes Damoklesschwert. Die Finanzmärkte fördern derzeit das zu Tage, was immer wieder gerne verdrängt wird. Die Notwendigkeit solider Haushalte und den Mut auch zu unpopulären Maßnahmen. Unsere Unternehmen würden bei ähnlicher Verschuldung längst ein Sanierungsverfahren durchlaufen, weil die Kapitalgeber weniger geduldig gewesen wären. Eine Vergemeinschaftung der Schulden ist keine Lösung! Risiko und Haftung gehören auch hier zusammen. Unerlässlich für die Beruhigung der Märkte ist eine glaubwürdige Konsolidierungspolitik der öffentlichen Haushalte in allen EU-Staaten. Das ist natürlich auch die Basis für die weitere Entwicklung des Binnenmarkts und damit auch der Konjunktur im Handwerk.“
Wichtig, so der Kammerpräsident ist es gerade jetzt die richtigen politischen Weichen zu stellen, auch beim Thema Energiemodernisierung. Bei den Förderprogrammen zur Finanzierung energieeffizienter Investitionen wurde mit der Aufstockung der Mittel das richtige Zeichen gesetzt. Die zweite, neue Säule allerdings, die Einführung eines steuerlichen Abschreibungsmodells für Maßnahmen zur Energiemodernisierung. wurde allerdings im Juli von den Ländern im Bundesrat blockiert und liegt nach wie vor auf Eis. „Dabei wird übersehen“, so Zimmer, „dass gerade steuerliche Anreize enorme Zugkraft für private Investitionen entwickeln. Vermeintliche Steuermindereinnahmen würden sich sehr schnell in steigenden Einnahmen bei Mehrwertsteuer, Einkommensteuer und Sozialbeiträgen niederschlagen. Wir spüren schon seit einigen Monaten eine Zurückhaltung bei der energetischen Sanierung von Wohngebäuden. Diese Verunsicherung muss daher endlich ein Ende finden!! Wir fordern, dass sich die Bundesregierung und die Länder im Vermittlungsausschuss schnell auf ein Abschreibungsmodell für energetische Sanierungsmaßnahmen einigen“.
Zudem, so Zimmer, kommen auf den deutschen Mittelstand mit der Energiewende auch erhebliche Kosten zu. „Für viele unserer Handwerksbetriebe entscheiden die Energiepreise bereits jetzt maßgeblich über die Wettbewerbsfähigkeit. Zu hohe Energiekosten verringern unsere Wettbewerbsfähigkeit! Und das müssen wir unbedingt vermeiden.“
Angesichts der Situation der Staatsfinanzen begrüßte Präsident Zimmer die in zwei Schritten vorgesehene Anhebung des Grundfreibetrags auf 8.354 EURO, auch dadurch der Einkommensteuertarif oberhalb des Grundfreibetrags unverändert überdurchschnittlich stark ansteigt. Sowohl der „Mittelstandsknick“ als auch der „Mittelstandsbauch“ bleiben damit unverändert, so Zimmer. Auf lange Sicht gesehen reichen deshalb diese Maßnahmen natürlich nicht aus.
Einhellige Zustimmung des Handwerks gab es für die Senkung des Rentenbeitrags von 19,9% auf 19,6% zum 01.01.2012. Auch die Ergänzung der Pflegeversicherung um ein staatlich gefördertes, freiwilliges und kapitalgedecktes Element findet unsere einhellige Zustimmung.
Lob vom Kammerpräsidenten kam auch für die Entfristung der Ist-Versteuerungsgrenzen beschlossen. „Wir begrüßen, dass die Grenze von 500.000 Euro Jahresumsatz für die Ist-Versteuerung dauerhaft beibehalten wird. Damit besteht Planungs- und Rechtssicherheit für unsere Betriebe. Somit können rund 2/3 unserer Betriebe auch künftig die Ist-Versteuerung in Anspruch nehmen. Konkret heißt dies, dass sie die Umsatzsteuer erst dann an das Finanzamt abführen müssen, wenn der Auftraggeber die Rechnung auch bezahlt hat. Dies stärkt die Liquidität dieser Betriebe.“
Abschließend wandte sich der Kammerpräsident an die Mitglieder der Vollversammlung: „Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Wirtschaftsgruppe Handwerk steht für Bodenständigkeit, Verantwortungskultur und Stabilität. Unserem Handwerk in Oberfranken geht es gut. Dass das so bleibt, dass der Aufschwung sich verstetigt und dass wir die Herausforderungen in Europa bewältigen – dafür setzen sich unsere Betriebe und auch wir jeden Tag ein. In Zeiten der Verunsicherung brauchen wir einen klaren politischen Kurs, der Vertrauen und verlässliche Perspektiven schafft. Wir sind der Stabilitätsanker in Europa und wir müssen auch in den nächsten Jahren die Wachstumslokomotive in Europa bleiben. Hauptverantwortlich für die momentan gute Wirtschaftslage in Deutschland sind vor allem der Mittelstand und insbesondere unsere Wirtschaftsgruppe Handwerk.
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