Dank GEMA stille Nacht auf dem Weihnachtsmarkt?
In der kommenden Woche beginnen in ganz Deutschland die ersten Weihnachtsmärkte. Die vorweihnachtliche Stimmung könnte in diesem Jahr allerdings leiden, da der Bundesgerichtshof (BGH) durch Urteile vom 27.10.2011 (Az.: I ZR 125/10 und I ZR 175/10) entschieden hat, dass die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) die Vergütungen für Musikaufführungen bei Freiluftveranstaltungen wie Straßenfesten oder Weihnachtsmärkten nach der Größe der gesamten Veranstaltungsfläche bemessen darf – und die Abrechnung nicht nur für die beschallte Fläche erfolgen muss. Während der Verband der Schausteller Mehrkosten befürchtet, hält der Musikpiraten e.V. hingegen einen günstigeren Ausweg für möglich.
In den zwei Verfahren vor dem BGH ging es um die Vergütung für Musikaufführungen bei Straßenfesten in Bochum und Münster. Bei beiden Veranstaltungen wurde von einer Bühne aus Musik gespielt und die GEMA verwendete die gesamte Fläche der Feste als Grundlage für ihre Rechnungsstellung. Während die Veranstalter dies für unzulässig hielten, folgte der BGH der Begründung der GEMA und erklärte, auf solchen Veranstaltungen wechsele Publikum vor der Bühne ständig, damit würden insgesamt wesentlich mehr Zuhörer die Musik wahrnehmen, als auf der beschallten Fläche Platz fänden. Weiterhin würde durch die Musik von der Bühne die gesamte Veranstaltung geprägt und es wäre der GEMA nicht zuzumuten, auf allen Veranstaltungen deutschlandweit jeweils die Fläche zu ermitteln, die von der Bühne mit Musik beschallt wird und welche nicht.
Christian Hufgard, 1. Vorsitzender des Musikpiraten e.V. findet zu dem Vorgehen der GEMA keine positiven Worte: „Schon seit Jahren macht sich die GEMA immer unbeliebter. Mal werden Martinszüge von Kindergärten auf illegale Kopien von Notenblättern kontrolliert, dann werden für die musikalische Gestaltung von Weihnachtsmärkten Phantasiepreise verlangt. Dabei ist der Ausweg ganz einfach: Es gibt mehr als genug Musik für die keine GEMA-Gebühren anfallen, die vollkommen legal und teilweise sogar vollkommen kostenfrei öffentlich gespielt werden darf.“
„Bei einer Fläche von 4000 m² werden nach Maßgabe der GEMA 521,40 Euro Gebühren pro Tag fällig. Bei verschiedenen Anbietern können aber Musikrechte erworben werden, für die keine GEMA-Gebühren anfallen. Beim Anbieter jamendo.com werden zum Beispiel für einen Zeitraum von 30 Tagen insgesamt nur 97,00 Euro berechnet. Der Verzicht auf die üblichen, von der GEMA vertretenen, Weihnachtsklassiker sollte dabei nicht schwer ins Gewicht fallen und ein wenig Abwechslung schadet der Stimmung auf den Weihnachtsmärkten sicher nicht.“
Auf der Webseite des Musikpiraten e.V. musik.klarmachen-zum-aendern.de wird dieses Jahr zum dritten Mal ein Adventskalender mit Creative Commons-Musik an 24 Tagen im Dezember ein Türchen zum Öffnen bereithalten. Bis zum 30.11. sind auch die Lieder des Vorjahres noch abrufbar. Ende nächster Woche soll auch eine überarbeitete Version des Liederbuches „Singen im Advent“ veröffentlicht werden, die ausschließlich Lieder enthält, deren Urheber vor mehr als 70 Jahren verstorben sind und an denen die GEMA folglich keine Rechte mehr geltend machen kann. Das kostenlose „Buch“ wurde letztes Jahr mehrere zehntausend Male heruntergeladen.
Über den Musikpiraten e.V.
Der Musikpiraten e.V. ist ein Ende Juni 2009 im Umfeld der Piratenpartei gegründeter Verein. Sein Ziel ist die Förderung der Kultur insbesondere freier Musik. Um dies zu erfüllen hat er bereits drei Mal einen „Free! Music! Contest“ durchgeführt [8]. Bei diesem Wettbewerb darf nur Musik eingereicht werden, die unter einer Creative Commons-Lizenz steht. Diese Lizenzen erlauben das Kopieren und Verbreiten auch im Internet explizit. Anfang 2011 sammelte der Verein in wenigen Wochen über 40.000€ Spendengelder um allen über 50.000 Kinderbetreuungseinrichtungen in Deutschland mindestens ein Liederbuch mit gemafreien Kinderliedern zukommen zu lassen. Das dabei entstandene Buch ist auf der Webseite des Vereins kostenlos abrufbar. Aktuell versuchen die Musikpiraten über eine Sammlung von Daten gemafreier Urheber zu beweisen, dass die sogenannte GEMA-Vermutung überfällig ist.
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