Sonntagsgedanken: Gedanken zum Volkstrauertag am 13. November

Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Pfarrer Dr. Christian Fuchs

1908 erschien in einem Witzblatt der sizilianischen Stadt Messina folgendes Spottgedicht auf Jesus Christus:
„O Du kleines Kindelein,
das nicht wahrer Mensch allein,
nein, auch wahrer Gott will sein;
…Bezeuge Dich uns, die wir leben.
Schick uns ein Erdbeben!“

Acht Tage später kam das so erbetene Erdbeben und Zehntausende starben, auch die Familie des Witzboldes. Er selbst verfiel in Wahnsinn. Hatte Gott die Spötter bestraft? Mich ärgert es, Gott immer nur dort am Werk zu fühlen, wo Krankheit, Unglück und Gewalt die Menschen treffen. Dadurch stempelt man Gott zu einem gemeinen Sadisten ab, der den Menschen ihr Glück nicht gönnt. Dies entspricht zwar der Weltanschauung des deutschen Dichterfürsten Friedrich Schiller, der im „Ring des Polykrates“ vor dem Neid der Götter warnt. Die Bibel aber zeichnet ein ganz anderes Bild von Gott.

Der Volkstrauertag lässt uns freilich an der Güte Gottes zweifeln: Denn warum lässt Gott all dieses elend zu, den Krieg, die Not der Flüchtlinge, die in vielen Weltgegenden noch heute übliche Unterdrückung?

Doch dahinter steht ein Denkfehler: Einerseits sind wir so stolz auf unsere Freiheit, wollen unbedingt unseren Willen durchsetzen. Wenn aber die Sache danebengeht, soll plötzlich Gott schuld sein? Gott will das Böse nicht, hat uns vielmehr Vernunft und ein waches Gewissen geschenkt, damit wir uns dem Negativen entgegen stemmen. Jeder hat hier sein persönliches Betätigungsfeld, die Familie, den Betrieb, die Schulklasse, den Verein.

Wer nicht an Gott glaubt, dem bleibt allerdings angesichts des unverschuldeten Elends, also etwa einer Krankheit, eines Unglücks, nur die Unterwerfung unter das blinde Schicksal oder bitterer Zynismus. Auch die anderen Weltreligionen helfen uns hier nicht weiter, sprechen sie doch vom „Karma“, das man sich durch eigenes Fehlverhalten in einem früheren Leben selbst zuzuschreiben hat, oder vom unerforschlichen Willen Gottes, den man eben hinzunehmen habe. Das Evangelium aber weiß, dass der „Sohn Gottes“, Jesus Christus selbst furchtbar leiden musste, damit niemand in seiner Not seufzen muss: „Gott hat mich verlassen, hat mich vergessen!“ Indes könnte uns selbst Jesus nicht trösten, wäre er nicht am Ostermorgen in göttlicher Herrlichkeit auferstanden. Unser Verstand kommt da nicht mit, wie er vieles nicht begreifen kann, was auf Erden passiert. Aber wir DÜRFEN darauf vertrauen, dass die Ostersonne auch über unserem Golgatha aufgehen wird.

Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de