Gedanken zu Allerheiligen am 1. November

Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Pfarrer Dr. Christian Fuchs

An diesem Tag, der leider oft durch den seltsamen Halloween-Kult verdunkelt wird, erinnern wir Christen uns an die Gesamtheit der „Heiligen“, die je auf ihre Weise den christlichen Glauben bezeugten. Wir Lutheraner rufen nicht die „Heiligen“ um ihren Beistand in der Not an, um ihre Fürsprache vor Gott. Wir alle sind „heilig“ nicht durch unsere Tüchtigkeit oder Frömmigkeit, sondern durch unsere Taufe, weil Gott jeden von uns unbedingt liebt.Gleichwohl brauchen wir Vorbilder christlichen Lebens.

Jörg Zink, der lange das „Wort zum Sonntag“ sprach und eine lesenswerte neue Bibelübersetzung unternahm, erzählt in seinen Lebenserinnerungen folgende Geschichte: Während des Weltkrieges war er in einem deutschen Militärgefängnis eingesperrt. Zu den Insassen gehörten auch Franzosen, die angeblich oder wirklich den Widerstand unterstützt hatten. Einer der Franzosen, ein kleiner, unscheinbarer Mann, bekreuzigte sich bei der Essensausgabe. Diese Geste fiel Jörg zink auf, denn sie war kein bloßes Ritual. Der Franzose erschien ihm ungewöhnlich ruhig, ausgeglichen, obwohl ihm und den andern die Hinrichtung drohte. Bei ihm war nichts zu spüren von Hass und Gewalt, von Angst und Verzweiflung angesichts des Todes, der ihn täglich , je nach Laune des Militärs treffen konnte. Zink fühlte, dass auf diesen unbekannten Franzosen das Wort des 1. Psalms zutraf: Der Gläubige ist „Wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner zeit und seine Blätter verwelken nicht.“

Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de