Sonntagsgedanken: Die Wüstenblume

Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Antoine de Saint Exupery erzählt uns folgende Geschichte: Als der kleine Prinz die Wüste durchwanderte traf er eine armselige Blume. Nachdem sie sich freundlich begrüßt hatten, fragte der kleine Prinz: „Du, sag mal, wo sind denn hier die Menschen?“ „Die Menschen?“, erwiderte die Blume: „Ich habe vor Jahren eine Karawane vorüberziehen sehen. Wo diese Menschen sich jetzt befinden, weiß ich nicht. Der Wind hat sie verweht. Es fehlt ihnen die Wurzel. Das ist sehr übel für die Menschen.“

Die Wüstenblume hat Recht. Wir Menschen kommen und gehen, manche hinterlassen Spuren in der Geschichte, die meisten aber geraten schnell ins Vergessen. Sind wir Menschen wirklich nur „Staubkörner am Rand des Universums“, wie es ein berühmter Naturwissenschaftler einst vermutete? Eine Blume muss verwelken, auch die Wüstenblume aus unserer Geschichte und selbst der reichste, schönste, klügste Mensch unterliegt dem Prozess des Alterns. Irgendwann sind die Lebenskräfte aufgezehrt. Sollen wir uns damit abfinden oder über ein Leben nach dem Tod spekulieren? Etwas Genaues weiß ja niemand. So bleibt wohl nichts Besseres übrig als das eigene Leben nach Kräften zu genießen.

Aber halt! An diesem Punkt widerspreche ich unserer kleinen Blume: Unsere Spuren verweht nicht der Wind. Einen gibt es, der uns im Gedächtnis behält, der sich mit der Herrschaft des Todes nicht abfindet. Einen gibt es, der uns eine nie verdorrende Wurzel geschenkt hat, nämlich unsere Taufe.

Unsere Taufe möchte den Mittelpunkt, die Kraftquelle unseres Lebens bilden, das Rettungsboot, in das wir flüchten können, wenn unser Lebensschiff versinkt, sei es nach einem langen, mühevollen oder nach einem kurzen, schönen Leben.

Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de