Sonntagsgedanken: Von der Spinne lernen

Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Pfarrer Dr. Christian Fuchs

Eine Spinne glitt an ihrem Faden vom Baum herab. Unten angekommen, machte sie sich mit viel Geschick und Fleiß daran, ihr kunstvolles Netz zu weben, in dem sie reiche Beute fing. Abends schritt sie stolz ihr Meisterwerk ab. Da entdeckte sie den alten Faden, an dem sie morgens herab geglitten war. Sie erinnerte sich nicht mehr an ihn, fand ihn schäbig, überflüssig und biss ihn durch. Sofort stürzte der ganze kunstfertige Bau zusammen, die Spinne verwickelte sich in ihrem eigenen Netz und erstickte.

Ergeht es uns Menschen nicht ebenso? Wir gleiten auf die Erde hernieder, lernen in der Schule, an der Universität oder im Betrieb. Dann packen wir ordentlich an, ergreifen einen Beruf, machen Karriere, gründen eine Familie, bauen ein Haus, sind voll mit unserer Lebensplanung beschäftigt. Viele vergessen bei all dem Arbeiten und Planen die Frohe Botschaft und irgendwann werfen sie das Evangelium weg, treten vielleicht gar aus der Kirche aus.

Aber bei den meisten reicht es nicht einmal zu diesem Schritt, man vergisst den Glauben einfach. Er verdorrt und verkümmert, geht ein wie eine Blume, die man nicht gießt. Äußerlich ändert sich zunächst nichts, denn noch steht der Bau unseres Lebens, wächst wohl auch noch. Doch dann…!? Was tun wir, wenn das Alter, wenn eine Krankheit nach uns greifen, wenn Jüngere unsern Arbeitsplatz erhalten, wenn der Partner uns verlässt?

Die Spinne kann ihren Faden durchbeißen, sich ins Unglück stürzen, aus Gottes Hand aber kann uns niemand reißen, unsere Taufe verbindet uns mit Christus und schenkt uns Anteil an Gottes neuer Welt. Dieser Faden reißt nicht einmal durch den Tod. An diesem Faden wird uns Jesus hinaufziehen zu Gott.

Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de