Geplantes Gewerbegebiet bei Ebensfeld: Bund Naturschutz kritisiert Planungen

Gewerbegebiete bis zum Horizont?

Geht es nach Planungen des Marktes Ebensfeld, soll nördlich der Ortschaft mit 2.200 EinwohnerInnen im Rahmen einer Flächennnutzungsplan-Änderung ein neues Gewerbegebiet ausgewiesen werden. Geplant ist es im Anschluss an das bestehende, noch nicht komplett bebaute Gewerbegebiet „Ebensfeld Nord I“. Ebenso geplant ist eine Anbindung an die anschließende Staatsstraße St 2197 zwischen Ebensfeld und Unterneuses.

Eine 22,7 Hektar große Fläche, derzeit landwirtschaftlich genutzt, soll nach der Planung für immer versiegelt werden. Damit ginge seit Jahrhunderten bewirtschaftete Ackerfläche auch für zukünftige Generationen für immer verloren. Und das, obwohl im Landkreis Lichtenfels rund 65 Hektar bestehender Gewerbe- und Mischgebiete bislang laut Datenbank des Industrie- und Handelskammertages (www.sisby.de) ungenutzt leer stehen.

Bei einem Ortstermin zeigten Vertreter des BN die Dimension des aktuell größten geplanten Eingriffes in Natur und Landschaft im Raum Lichtenfels auf.

Mit einem als Geschenk verpackten Glaskästchen mit Erde und Getreidekeimlingen zeigten die Naturschützer, dass der fruchtbare Boden ein wertvolles Geschenk ist, das man nicht zerstören dürfe.

„Fast 23 Hektar Landverbrauch für das Gewerbegebiet, das sind 230.000 Quadratmeter Ackerland, die hier geopfert werden sollen. Wir stellen uns vor den fruchtbaren Boden, wir wollen keine weitere Versiegelung und Vernichtung des für unsere Ernährung nutzbaren Landes“, so BN-Mitglied Otto Weidner.

„Wir berufen uns hier auf die Verfassung des Freistaates Bayern, Artikel 141. Dort steht an erster Stelle ‚Mit Naturgütern ist schonend und sparsam umzugehen.‘ Der damalige Innenminister und spätere Ministerpräsident Dr. Günther Beckstein hat 2003 alle Bürgermeister aufgefordert, den Flächenverbrauch zu reduzieren. Auch Umweltminister Dr. Markus Söder hält daran fest. Das unterstützen wir mit unserem Widerstand gegen das überdimensionierte Gewerbegebiet“, so Ludwig Wendler, Vorsitzender der BN-Ortsgruppe Ebensfeld. „Bei aktuell 13.000 Hektar leer stehenden Gewerbeflächen in Bayern besteht für das geplante Gewerbegebiet bei Ebensfeld in dieser Größe kein Bedarf.“

„Aber wir sehen auch die Angst des Marktes, dass der große Betrieb Systeam abwandert, wenn ihm keine Erweiterungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt wird. Besser wäre zwar die Nutzung leerstehender Gewerbeflächen in der Umgebung, aber wir sind hier auch zu Kompromissen bereit. Allerdings nur im Rahmen geordneter Siedlungsentwicklung, d.h. für die Firma Systeam könnten 6,8 ha zuzüglich 0,5ha für Straßenbau ausgewiesen werden, weitere sind aber nicht nötig, weil das bisherige Betriebsgelände ja von anderen Firmen wieder genutzt werden kann“, so Maria Bogner vom Ebensfelder Bund Naturschutz.

BN-Kreisvorsitzender Anton Reinhardt stellte klar, dass der Bund Naturschutz in diesem Fall frühzeitig einen Vorschlag der Gemeinde vorgelegt hat, welcher nur 12 Hektar freie Fläche beansprucht hätte und nicht, wie nun von den Planern vorgesehen, eine fast doppelt so große Fläche. Weiterhin wird kritisiert, dass das Staatliche Bauamt Bamberg eine ortsnähere Lage der Linksabbiegespur für die neue Gewerbegebietserweiterung ohne stichhaltige Begründung ablehnt. Jedenfalls hat die Behörde bis dato keine Antwort auf die schriftliche Anfrage des BN gegeben.

Hintergrund

In Bayern werden derzeit täglich 16,4 ha Fläche für Siedlungs- und Verkehrszwecke verbraucht. Neben der Ausweisung von neuen Wohngebieten, selbst in Regionen mit Bevölkerungsrückgang, sind es v. a. große Gewerbeflächen an Autobahnen, die den Flächenverbrauch anheizen. Weil zumeist ohne Bedarf auf Vorrat ausgewiesen wird, werden die Gewerbeflächen dann jahrelang wie „Sauerbier“ angeboten.

In Bayern besteht seit 2003 das Bündnis zum Flächensparen unter Federführung des Bayerischen Umweltministeriums und der Beteiligung großer Verbände und Institutionen. Sie appellieren seither u. a. an die Kommunen als größte Verursacher des Flächenverbrauches, die Gesetze zum sparsamen Umgang mit Grund und Boden zu beachten. Erste Gerichtsurteile stützen die Sichtweise, dass ohne nachgewiesenen Bedarf nicht mehr Bauland für Wohnen oder Gewerbe ausgewiesen werden darf.

Der Bund Naturschutz fordert statt Neuausweisung die Reaktivierung leer stehender Gewerbeimmobilien, Flächenrecycling und Innenentwicklung und eine Gewerbeentwicklung vorrangig an der Bahn.