Sonntagsgedanken: "Vorurteile"
Professor Helmut Thielicke unterhielt sich mit der Mutter eines Theologiestudenten. die Frau erklärte, wie sich die Nachbarin gewundert hätte bei der Nachricht, ihr Sohn wolle Pfarrer werden: „Was? Euer Jochen war doch immer so ein aufgeweckter, fröhlicher Junge und dann so was!“
Tatsächlich, die Kirche gilt nicht eben als Ort der Geselligkeit, der guten Laune. Der Glaube wirkt auf den Durchschnittsmenschen düster und moralistisch. Die Bibel aber beginnt mit einem großartigen Lobpreis Gottes. Gott hat die Welt erschaffen, Gott steht zu seiner Welt und diese Welt ist sehr gut. Die alten Germanen dagegen stellten sich vor, daß die Welt aus der Leiche eines ermordeten Ungeheurs gemacht worden sei. Wenn es also auf Erden so schlimm und ungerecht zugehe, sei es Folge dieser schrecklichen Herkunft der Welt. Die Bibel dagegen lässt diese feige Ausrede nicht gelten. Der Mensch ist gut geschaffen von Gott, frei zu tun, was er will. Wir möchten uns ja auch gern entschuldigen: Dann sind eben die Gene verdorben gewesen, die Eltern hätten versagt, die Freunde hätten einen negativen Einfluß ausgeübt und wenn uns nichts dergleichen mehr einfällt, dann stand es eben im Horoskop.
Die echte christliche Lebensfreude greift tiefer, sieht weiter: Sie weiß um die Schuld des Menschen, um sein Leiden, vor allem um die Treue Gottes. Menschen kommen und gehen, meine Kräfte schwinden, aber Gott hält zu mir. Ohne Gott verliert der Mensch seine Würde, wird zum bloßen Tier höherer Ordnung – wie traurig! Nach christlicher Auffassung ist und bleibt jeder Mensch Ebenbild Gottes, auch der gemeinste Mörder und der Schwerstbehinderte.
Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de
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