Sonntagsgedanken: Schwieriger Dialog
Während einer Reise durch Ostasien unterhielt sich Helmut Thielicke mit einem japanischen Meditationsmeister. Beiden fiel es schwer, eine gemeinsame Basis zu finden. Der deutsche Protestant lebte aus dem Wort der Heiligen Schrift, sein christliches Leben war von der nüchternen Vernunft geprägt, auf das konkrete Handeln ausgerichtet. „Moderne“ Europäer wenden sich verstärkt der Meditation zu, um die im Alltag verschütteten Seelenkräfte zu reaktivieren. Doch der Sinn dieser fernöstlichen Übung ist eben nicht Selbstfindung bzw. -verwirklichung, sondern – völlig uneuropäisch! – Selbstaufgabe, die Auflösung der eigenen Persönlichkeit. Warum übernehmen die Freunde asiatischer Meditation dann nicht auch das Harmonie-Ideal, den Familiensinn der Asiaten, ihren Fleiß, ihre Bereitschaft, sich unbedingt unterzuordnen?
Von dem asiatischen Meditationslehrer können wir lernen, dass auch unsere Seele Pflege braucht wie die Blumen auf dem Balkon und die Früchte des Gartens. Bei vielen verdorrt ihr Glaube, verwelkt ihr christliches Innenleben, weil sie die tragende, Leben spendende Wurzel ihres Daseins vernachlässigen. Das tägliche Lesen in der Bibel, im Gesangbuch, die Gemeinschaft mit andern Christen können hier Abhilfe schaffen. Wer fest im Glauben steht, braucht weder zum Wahrsager zu gehen noch sich Glücksbringer ins Auto zu hängen. Für die Asiaten ist Gott nur ein Abstraktes Irgendwas, aber nicht der liebende Vater, der unbedingt zu uns steht. Der Gott Christi opfert seinen „Sohn“, um uns nahe zu kommen, damit wir im Leid einen Trost haben. Christus musste so furchtbar sterben, um am Ostermorgen den schlimmsten Tod überwinden zu können, seinen und unseren.
Pfarrer Dr. Christian Fuchs, www.neustadt-aisch-evangelisch.de
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