Oberfränkische MdBs Kramme und Ernstberger schreiben an Innenminister Herrmann bezüglich Stimmkreisreform in Oberfranken

Stimmkreisreform in Bayern

Sehr geehrter Herr Staatsminister,

mit großem Entsetzen mussten wir den Vorschlag des Bayerischen Staatsministeriums des Innern zur Kenntnis nehmen, im Zuge einer Stimmkreisreform die Anzahl der Stimmkreise in Oberfranken zu verringern. Ihr Haus schlägt vor, in Oberfranken künftig nur noch acht statt bisher neun Stimmkreise zuzulassen. Die Stimmkreise Wunsiedel im Fichtelgebirge und Kulmbach sollen dabei zu einem neuen Stimmkreis zusammengefasst werden, der mit einen Korridor durch den bisherigen Stimmkreis Bayreuth verbunden werden soll.

Begründet wird dieser Vorschlag mit dem Landeswahlgesetz. In dem Vorentwurf für einen Bericht der Staatsregierung über die Veränderung der Einwohnerahlen in den Wahl- und den Stimmkreisen nach Art. 5 Abs. 5 des Landeswahlgesetzes (Stand: Januar 2011) heißt es: „Nach Art. 5 Abs. 2. Satz 3 LWG sind Abweichungen der Einwohnerzahl eines Stimmkreises von über 25% vom Wahlkreisdurchschnitt generell nicht zugelassen. Abweichungen über 15%, aber unter von 25% sollen vermieden werden, sind aber in begründeten Fällen zulässig.“ (Seite 5)

Dies ist die gültige Rechtslage. Betrachtet man jedoch die daraus folgende Berechnung und Begründung, die Ihr Haus im Fall des Wahlkreises Oberfranken anstellt, wird eine fehlerhafte Argumentation deutlich.

Der Tabelle 7 auf Seite 19 des Vorentwurfs ist zu entnehmen, dass der Stimmkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge, bezogen auf die Anzahl deutscher Einwohner am 30.6.2010 und unter der Voraussetzung der Beibehaltung von neun Stimmkreisen, derzeit eine Abweichung vom Wahlkreisdurchschnitt von 16% aufweist. Es besteht demnach laut LWG nicht generell die Notwendigkeit, am Status Quo etwas zu ändern. Der bisherige Zuschnitt der Stimmkreise in Oberfranken und ihre Anzahl könnten laut LWG beibehalten werden, ein zwingender Änderungsbedarf besteht nicht.

Das eigentlich Absurde ist jedoch, dass erst durch eine Reduzierung der oberfränkischen Stimmkreise von neun auf acht der Stimmkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge von der gesetzlichen Vorgabe um mehr als 25% abweichen würde. Die Begründung für eine Reduzierung der Stimmkreise ergibt sich also erst durch die Reduzierung derselben. Die Begründung folgt hier der Veränderung und nicht umgekehrt. Diese Argumentation ist im höchsten Maße fehlerhaft und folgt einer falschen Logik. Sie ist deshalb rechtswidrig und strikt abzulehnen.

Uns drängt sich vielmehr der Eindruck auf, dass hier – mit einer bei genauerem Hinsehen hanebüchenen Argumentation – der Versuch unternommen wird, mit der Brechstange dem Wahlkreis Oberfranken zu schwächen. Dass dafür an anderer, „prominenter“ Stelle im Freistaat (Ingolstadt) ein weiterer Stimmkreis entstehen soll, macht jede weitere Argumentation unsererseits überflüssig. Wir appellieren vielmehr an Sie, den Vorentwurf zu überarbeiten, die darin enthaltene Argumentation bezüglich Oberfranken zu berichtigen und den Zuschnitt der Stimmkreise in Oberfranken beizubehalten. Ein Blick auf die oben genannte Tabelle und die richtige Interpretation der darin enthaltenen Zahlen würde dafür genügen.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Ernstberger, MdB Anette Kramme, MdB