Leserbrief: Verkehrsfreie Lange Straße?
Sehr geehrte Damen und Herren!
Eine vergleichbar hohe Verkehrsdichte wie in innerstädtischen Fußgängerbereichen findet sich andernorts eher selten. Auf der Fläche, die ein einziger Kraftwagen, im Mittel mit 1,1 Personen besetzt, einnähme, bewegen sich acht, zehn oder noch mehr Menschen. Wie also ist zu verstehen, wenn die Bamberger Wirtschaftsverbände – Medienberichten zu Folge – „verkehrsfreie Samstage“ auf der Langen Straße vorschlagen? Welchen Sinn hat die angestrebte „Flaniermeile mit Boulevardcharakter“, wenn auf ihr niemand verkehren darf?
Die Bamberger Geschäftswelt ist selbstredend auf hohes Verkehrsaufkommen angewiesen. Um dieses gewährleisten zu können, ist es erforderlich, die vorhandene Verkehrsfläche optimal zu nutzen. Sie mit (fast) leeren Kraftfahrzeugen zuzustellen, wäre suboptimal – obwohl dies dem propagierten Ziel der Verkehrsfreiheit recht nahe käme.
Die Gleichsetzung „Verkehr = Autoverkehr“ engt den Blick auf die Wirklichkeit unzulässig ein: Auch Fußgänger und Radfahrer stellen „Verkehr“ dar. Welche Alternativen zum bisherigen Verkehrsgeschehen wären realisierbar, setzte sich diese Tatsache in den Köpfen der Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik fest?
Bei einer Sperrung der Langen Straße für den motorisierten Individualverkehr (MIV) auch wie vorgeschlagen die Linienbusse herauszuhalten, muß zumindest hinterfragt werden. Ein dichtes Linien- und Haltestellennetz ist für potentielle Fahrgäste in höchstem Maße entscheidungsrelevant. So sinkt die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel bereits ab einer Entfernung von 250 Metern zur Haltestelle beträchtlich ab (Hermann Knoflacher: „Zur Harmonie von Stadt und Verkehr“, Köln 1993). Sicher ist im konkreten Fall zu prüfen. Doch daß grundsätzlich Linienverkehr in Fußgängerbereichen möglich ist, haben andere lange vorgemacht.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Bönig
Martin-Ott-Straße 8
96049 Bamberg-Gaustadt
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