Forum Kultur der Metropolregion Nürnberg kürt den „Künstler des Monats“ Dezember 2010
Der Bildstrom des Lebens – Die Fotokunst des Lajos Keresztes
„Die Kraft des Schöpferischen kann nicht genannt werden. Sie bleibt letzten Endes geheimnisvoll. Wir sind selbst geladen von dieser Kraft bis in unsere feinsten Teile. Wir können ihr Wesen nicht aussprechen, aber wir können dem Quell entgegen gehen, soweit es eben geht.“ (Zitat: Paul Klee) Es ist, als wäre der Fotokünstler Lajos Keresztes dem Anspruch dieser Weisheit mit seinem Lebenswerk gefolgt.
Er hat den Gesetzen der Wahrnehmungswelt nachgespürt. Und im wahrsten Sinne des Wortes ist er den Quellen seiner Sujets entgegen gegangen, genauer, hat sie sich mühsam erlaufen. Er bereiste mit der Kamera in fünf Jahrzehnten nahezu alle Kontinente. Die Erfahrung lehrte ihn: Die ersehnten magischen Motive und Momente entziehen sich dem schnellen Zugriff; überall, sowohl in den einsamen Gebieten der Natur, als auch in den quirligen Metropolen der Welt. Doch gerade die Suche nach diesen seltenen Bildern beförderte seine Sensibilisierung für feinste Nuancen der Natur oder des von Menschen Geschaffenen.
Zeit für eine kurze Vorstellung des Künstlers: 1933 in Budapest geboren. 1956 Emigration nach Deutschland im Zuge des Ungarnaufstandes. 1957 bis 1958 Architekturstudium in München. 1961 Wechsel zum Fotografiestudium nach Köln.
Nach dem Examen berufliches Wirken als freischaffender Fotograf in Nürnberg. 1998 bis 1999 Professur an der Fachhochschule Trier. Zu vermerken sind: zahlreiche Ankäufe der Arbeiten in privaten und öffentlichen Sammlungen; viele nationale und internationale Auszeichnungen; über 50 Einzelausstellungen, dazu über 50 Gruppenausstellungen; umfassende Veröffentlichungen in Medien der Fachliteratur; Herausgabe von 20 eigenen Fotokunstbänden.
Man könnte Lajos Keresztes ein Urgestein der Fotokunst nennen, wäre er nicht so vielseitig, einfallsreich und agil. Seine Wendigkeit, pendelnd zwischen Skizze und Ganzem, Test und Ausführung, schlägt unberechenbare Haken. Was er anpackt, steckt rundum in einem Kraftfeld von Beziehungen, künstlerischen aber auch praktischen. Ein Profi, originell, mit ganzem Einsatz bei der Sache, egal, ob ein Buchprojekt bis zu seiner Vollendung viele Abenteuer zu bestehen hat… oder… oder.
Lajos Keresztes ist diszipliniert, beharrlich und konsequent. Formale Perfektion ist eine Konstante in seiner Arbeit. Die Projekte sind akribisch geplant: Er nimmt sich oft mehrere Monate Zeit für die Vorbereitung einer Sujetserie: mit Recherchen, mit gezeichneten Skizzen und Vorstudien, mit Beschaffung von Materialien. Wenn er schließlich auf den Auslöser drückt, ist das Ausschlaggebende schon erreicht: Erfindung des Realen bei höchstmöglicher Kontrolle über sein Bild.
Er beobachtet Strukturen, Spiegelungen und Licht, widmet sich Architektur, Bewegung, Farbe und Raum. Ihn treibt der Wunsch nach dem Originären, nach dem variationsreichen visuellen Vokabular, das er in seinem jeweiligen Umfeld zu entdecken weiß. Seine Aufmerksamkeit gilt einer Idee von naturhaftem Dasein, für die es stimmige Ausdrucksformen zu finden gilt. Mit einer sorgsamen Auswahl aus diesem Repertoire an Formenvielfalt arrangiert er mehrteilige Bildfolgen, reizvoll verdichtet und vieldeutig-assoziativ.
Schönheit und Trivialität, Zufall und Manipulation: Das sind die Spannungsfelder, die Keresztes Bilder einfangen. Bei allen seinen Konzepten spielen Kriterien wie Reduktion und Stilisierung eine besondere Rolle. Seine Synthese aus Wirklichkeit und individueller Wahrnehmung möchte das Rätselhafte visualisieren, gleichzeitig vertraut er dabei auf die Mitwirkung des Verstandes, der die Illusion durchschaut. Für Keresztes kein Widerspruch: „Sehen und Denken, Denken und Sehen: Man kann es nicht trennen.“
Er formt sein eigenes Bild der Wirklichkeit in einer Sprache von Einfühlsamkeit und poetischer Tiefe. Keresztes fotografiert wie er spricht: „Es geht darum, Bilder zu realisieren, die ein Eigenleben führen.“ Denn Anliegen des Künstlers ist, dass bei der Betrachtung seiner Werke „ein Dialog zwischen diesen und dem Betrachter einsetzt.“ Für ihn sind die schönsten Augenblicke: „Wenn ein Bild gelingt, wenn es die Würde der Dinge widerspiegelt, dann empfange ich ein Geschenk.“
Ob er heute etwas ändern würde in seinem Leben? „Diese Frage hat keine Bedeutung – aus der Fotografie konnte ich sehr viel Kraft ziehen. Ferner – ich bin weit gereist, konnte verschiedenste Menschen kennen lernen, fühle mich daher privilegiert.“ Lohnt es noch, Bilder zu machen in einer überfotografierten Welt. „Es gibt immer wieder aktuelle Realitäten und frische Themenfelder.“ Seine Antwort auf die Frage nach der Zukunft der Fotokunst: „Augen auf und durch…!“
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