Kirchehrenbacher Kulturwochen: Der Gitarren-Sepp im Gasthaus Sponsel
Oh Frankenland, wie bist Du schön! In Deiner Sprache reimt sich „Durscht“ auf Wurscht, Holz auf Stolz und „Preller“ auf Keller: Brotzeit und Bier – dos san mir!
Josef Schmidt aus Weilersbach und Stefan Fickenscher aus Neunkirchen ließen bei den „Kirchehrenbacher Kulturwochen“ im Gasthaus Sponsel ihre Gitarren hell und flott zum Ruhm ihrer Heimatprovinz erklingen. Doch sie boten keine altfränkische Stubenmusik an, sondern parodierten Lieder von Elvis Presley, Roy Black und den Beatles als ironischen Hintergrund zu Szenen und Konflikten aus dem Alltagsleben. Ihre Balladen bewegen sich dabei im Bereich einfachster Sprachformen. „Für einen Franken kann der nächste Nachbar ein Fremder sein!“
Die beiden Sänger tauchen in den mystischen Untergrund der Volkskunde hinab und demonstrieren an einer Autopanne, wie fränkischer Individualismus zum absurden Theater entarten kann. Zum Glücksfall verwandelt sich diese Eigenschaft jedoch bei einem Bierkeller-Besuch im Hochsommer. Ein einsamer Platz im Schatten bedeutet dann für den eingeborenen Franken die letzte Vorstufe des Paradieses. Ein Sonnenbrand auf der Glatze hingegen verursacht vollkommene Reue.
Ein Leitmotiv des grob gestrickten, aber unterhaltsamen Abends war die Frau in Franken. Sie sei generell verführbar – behauptet der Dorf-Casanova aus Weilersbach, dessen barocke Wölbungen die Bluejeans fast zum Platzen bringen. Dabei greift er kraftvoll in die Saiten: Wilde Elvis-Klänge, die das bewegliche Becken des Weltstars in die Erinnerung rufen. Dazu singt er: „Für schöne Frau’n hob ich a Nas’n“. Die „Weiber“ in Franken sind alle eitel, lautet ein weiteres Vorurteil. Beweis: Sie kaufen ihre Klamotten immer zwei Nummern zu klein und laufen dann wie mit geplatzten Wursthäuten drapiert durch die Gegend. Ihr Übergewicht zerstört jeden Ansatz zur Ästhetik: „Mensch Madla, was hast Du für’n dicken Hintern, quillst aus jedem Stuhl!“ Der Naturalismus sprengt alle Konventionen der Höflichkeit.
Die Spitze des Skandals aber bildet die fränkische Frau am Steuer. Der „Gitarren-Sepp“ schildert Ort und Zeit des Unfalls genau: Auf der Landstraße von der Jägersburg nach Forchheim, gleich hinter den Karnbaum-Weihern, im Morgennebel. Von Serlbach herab kam das feminine Unglück und kümmerte sich nicht um die Vorfahrtsregel: „Sa à Schnalln ist ihm reig’rumblt. A bleeda Nuss, ich back’s am Krog’n“. Dazu produzieren die Gitarren schmelzenden musikalischen Hintergrund: Roy Black hat mit Siebzehn noch Träume.
Einen weiteren Höhepunkt des frankonischen Geschlechterkampfs bildet die Heimkehr des durch „das unglücksselige Zusammentreffen von Mund und Spirituosen“ behinderten Mannes ins bürgerliche Ehenest. Zu Elvis Presleys Jahrhundert-Melodie „Love me tender, love me sweet” erklingt die Ballade vom gestörten Ehefrieden: “Ich kum ham und häd so gern mei Ruh /Wos mich stört, is die Gewaaf dazu!“
Schmidt und Fickenscher finden an diesem Abend ein begeistertes Publikum, das sie zum Teil selbst nach Kirchehrenbach mitgebracht haben. Kein Wunder, angesichts einer sich überschlagenden Modernisierung der Gesellschaft stoßen eindimensionale Formen des Lebens und Denkens auf großen Anklang. Dies gilt auch für die Esskultur. Im Zeitalter der internationalen Küche, da Kochen zum Volkssport geworden ist, besingen die beiden Barden die Wonnen der im „Hotel Mama“ angebotenen Hausmannskost: Krautwickel mit Salzkartoffeln.
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