Worte in die Zeit – 14. Sonntag im Jahr

„Wenn einer eine Reise tut …“ , liebe Leserinnen und Leser, liebe Mitchristen, dann hat er danach nicht nur eine Menge zu erzählen, sondern er muss vorher auch einiges vorbereiten und einpacken. Unvorbereitet geht wohl kaum einer von uns längere Zeit aus dem Haus, und wie voll die gepackten Koffer sind, davon weiß sicher auch jeder von uns ein Lied zu singen. Und nur nicht den Geldbeutel oder die EC-Karte vergessen, man muss ja von irgendetwas leben!

Ganz anders im Evangelium zum heutigen Sonntag. Da gehen auch Menschen auf Reise, aber von großartiger Vorbereitung ist da nicht die Rede – im Gegenteil.

Jesus beauftragt 72 Jünger auf die Reise zu gehen und die Kunde von seinem Kommen zu verkünden. Doch die Bedingungen, unter denen sie es tun sollen, sind nicht gerade verlockend, um sich auf den Weg zu machen: diese Jünger sollen gar nichts mitnehmen, sie sollen sich um keinerlei irdische Dinge kümmern, nicht einmal um ihren Lebensunterhalt. Und Aussicht auf anständige Behandlung unterwegs macht er ihnen auch nicht: „Geht! Ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe!“ – Und diese 72 gehen, widerspruchslos und wohl auch mit einer gewissen inneren Freude.

Auf welches Abenteuer haben sich diese Jünger da eingelassen? Diese Bedingungen, unter denen sie ausziehen, haben doch wohl gar nichts mehr gemeinsam mit unserem menschlichen Rechnen und Überlegen. Da geht es nicht mehr um ein Planen, wie man wohl am wirksamsten und erfolgreichsten verkündigt. Da steht vielmehr der tiefe Ernst einer Botschaft dahinter, die den radikalen Einsatz und das radikale Zeugnis verlangt.

Die Jünger haben das offenbar verstanden, sonst wären sie kaum aufgebrochen. Sie haben nicht mehr auf ihre eigenen Kräfte vertraut, sondern ließen sich die Sorge um ihren Lebensunterhalt, um ihre Zukunft abnehmen in einem – fast möchte ich sagen – blinden Vertrauen auf Christus und damit auf Gott. Man kann sagen: Sie haben die Botschaft von Christus nicht nur mit dem Mund, sondern mit ihrer ganzen Person verkündet.

Wo Gottes Wirklichkeit einbricht, da hat für sie alles menschliche Planen, Rechnen und Überlegen keinen Platz mehr. Da gibt es nur noch das uneingeschränkte „sich öffnen“, das Aufgeben von menschlichen Sicherungen und Sicherheiten.

Vielleicht werden Sie jetzt denken: das ist doch unmöglich und das ist ja auch unmenschlich. Wieso soll ich, um wirklich Glaubender zu sein (wie diese Jünger), nun plötzlich meinen Verstand nicht mehr gebrauchen, keine Vorsorge mehr treffen und meine Fähigkeiten und Qualitäten unter den Scheffel stellen, um so ganz für Gott bereit zu sein? Lässt sich diese Forderung Christi an seine Jünger – und das sind ja wir alle – heute überhaupt verwirklichen? Ich denke – ja!

Dass das Evangelium so viele Menschen immer wieder ansteckt und begeistert, ist neben der Kraft des Wortes Gottes auch der Überzeugungskraft, der inneren Strahlkraft der Glaubensboten zuzurechnen. Das heißt aber auch, dass keiner von uns seinen Verstand und sein Können verleugnen muss, um wirklich Christ zu sein. Worauf es ankommt, das ist der Stellenwert, den ich meinen Fähigkeiten beimesse. Wenn ich mich eben nur noch auf mich selbst verlasse, d.h. nur mir selbst vertraue, dann bin ich wie jeder andere Mensch auch eingespannt in die Strukturen der modernen Leistungsgesellschaft, hilflos ausgeliefert allen Notwendigkeiten, Zwängen und auch Ängsten des Alltags.

Wenn ich aber weiß und nach dieser Überzeugung lebe, dass es eben nicht allein auf mich ankommt, dann brauche ich mich mit einem Mal nicht mehr so wichtig zu nehmen. Dann kann ich den Alltagssorgen gelassener gegenüberstehen, sie gleichsam unterlaufen. Dann gewinne ich Abstand, Ruhe, Gelassenheit. Dann gewinne ich Freiheit. Dann kann ich mich angstfrei auf den Weg machen, kann mich auf Menschen einlassen, die meinen Lebensweg kreuzen. Dann kann ich mit ihnen ein Stück des Alltags teilen, ihnen Zeit und Kraft schenken. Dann kann ich mit ihnen trauern und fröhlich sein. In diesem Miteinander, wo einer dem anderen vertraut, wird dann auch der Glaubensbote von den Begleitern und von denen, die ihm begegnen, gestärkt und „ernährt“. Er wird so viel bekommen, dass er vielleicht von dem, was er bekommt, auch noch weiterschenken kann. Als Glaubensbote unterwegs sein war damals und ist auch heute ein spannendes, anstrengendes, bisweilen lebensgefährliches Unternehmen. Denn der Weg zu den Herzen der Menschen ist oft weit und schwierig, aber: er lohnt sich, wenn ich ihn in der richtigen Einstellung gehe, dass der Erfolg oder das Erreichen des Zieles nicht allein von mir abhängt.

Die Zweiundsiebzig damals sind gegangen. Sie haben sich auf das Abenteuer des Weges eingelassen, sie haben getan, was Jesus von ihnen verlangte. Sie haben den Menschen das Reich Gottes verkündet und den Frieden gewünscht. Und der Herr war immer mit ihnen. Auch wir können Zeugnis für ihn ablegen – egal, wo wir leben; egal, wo wir arbeiten; egal, wer oder was wir sind. Mit ihm – in seinem Frieden, im Vertrauen auf seinen Beistand – können auch wir den Weg zu den Herzen der Menschen gehen. Wir alle! Mit ihm können wir es!

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag und einen guten Start in die kommende Woche!

Ihr Hubert Treske, Don Bosco Forchheim