Das grüne Erbe der Bamberger Gärtner
„Slow Food“ will ein Netzwerk für die Gärtnerstadt knüpfen
„Man müsste die Bamberger Gärtner aufgrund ihrer Verdienste um den Erhalt der lokalen Sorten bereits jetzt auf einen Sockel heben“, so die Ethno-Botanikerin Lisa Strecker, die in Ihrem Vortrag Zwischenergebnisse aus dem Projekt „Erfassung und Beschreibung der Bamberger lokalen Gemüsesorten“ vorstellte. In dem von der Universität Bamberg und dem Zentrum Welterbe gemeinsam finanzierten Forschungsprojekt, das Teil des Modellprojekts „Urbaner Gartenbau“ ist, stellte Strecker die Bedeutung der gärtnerischen Pflanzenzüchtung dar, die die Bamberger Gärtner über Jahrhunderte hinweg betrieben haben. Die besonders schmackhaften alten Gemüsesorten, zu denen beispielsweise der Bamberger Spitzwirsing gehört, zeichnen sich durch eine hohe Anpassung an die lokalen Bedingungen und Bedürfnisse aus. Sie sind damit lebendiges Kulturgut und somit auch Teil des immateriellen Welterbes der Stadt Bamberg.
Der Erhalt dieser biokulturellen Vielfalt über die letzten Jahrzehnte ist den Bamberger Gärtnern zu verdanken, die – trotz vieler Schwierigkeiten – Lokalsorten weiterhin durch traditionelle Pflanzenzüchtung erhalten und pflegen. Damit heben sie sich deutlich von der heute in der industrialisierten Landwirtschaft üblichen Pflanzenzüchtung ab. Die Pflege dieses lebendigen kulturellen Erbes ist für Strecker eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe: „Die Bamberger dürfen ihre Gärtner damit nicht alleine lassen“. Hier braucht es ein Bewusstsein für die besonderen Qualitäten der lokalen Produkte und es braucht Verbraucher, die durch den bewussten Einkauf bei Bamberger Gärtnern den Erhalt der alten Sorten unterstützen.
Bewusstseinsbildung, die in engagiertes Handeln mündet, ist auch das zentrale Thema von Slow Food. Die internationale Bewegung, hierzulande durch den Verein Slow Food Deutschland e.V. präsent, versteht sich als Lobby für den guten Geschmack und macht sich zum Anwalt der guten Regionalprodukte, der regionalen Kochtraditionen und der regionalen Kleinerzeuger. Für die Bamberger Gärtnerstadt arbeitet sie am Aufbau eines lokalen Netzwerks, eines „Lebensmittelbündnisses“, das Erzeuger, Verbraucher und Händler der Bamberger Gärtnerprodukte zusammenführt, so Georg Lang vom Slow Food Convivium Hohenlohe-Tauber-.Main-.Franken. Erfolgreich tätig waren die ehrenamtlichen Akteure von Slow Food schon bei dem Erhalt und der Förderung der alten Kartoffelsorte Bamberger Hörnla. Man müsse solche Lebensmittel als kulinarisches Kulturgut betrachten und sie so vor dem Aussterben bewahren, so Lang. Den Gärtnern in Bamberg bietet Lang die volle Unterstützung der weltweit tätigen Organisation an, um nach dem Vorbild des Bamberger Hörnla auch den lokalen Wirsing-, Rettich- und Knoblauchsorten und vielleicht noch einigen mehr die Zukunft zu sichern. Sie sind, so Lang, geeignete Kandidaten für die „Slow Food Arche des Geschmacks“, die weltweit fast 1.000 regional wertvolle Lebensmittel, Nutztierrassen und Kulturpflanzen vor dem Vergessen schützt. Sie sind auch geeignet für ein Slow Food Presidio, eine spezielle Schutzvereinigung, die alle notwendigen Hilfsmaßnahmen koordiniert. Slow Food Presidi gibt es gegenwärtig etwa 300 auf der Welt.
Abschließend skizzierte Lang seine Idee eines Slow Food Netzwerkes für die Gärtnerstadt, das aus vielen kleinen Einzelprojekten bestehen kann. . Entscheidend ist die Schaffung eines tragfähigen Erzeuger-Verbraucher-Verbundes, um vom „anonymen Markt“ wegzukommen. Dies könnte in neuen Formen der Direktvermarktung erfolgen z.B. mit locker organisierten Partnerschaften von Verbraucher, Gastronomen und Erzeugern. Fester strukturierte Patenschaften sind genauso denkbar wie vereinsmäßige oder genossenschaftliche Zusammenschlüsse. Lang ist davon überzeugt: „Die Mitwirkenden werden den Weg selbst finden, an dessen Ende ein aktives Lebensmittelbündnis für die Bamberger Gärtnerprodukte steht, dass die alten Sorten wirklich erhält und den Bamberger Gärtnern das wirtschaftliche Überleben sichert.“
Die nächste Veranstaltung in der Reihe „Entdecke die Gärtnerstadt“ findet am Dienstag, den 27. Juli 2010 statt und richtet sich an Kinder von 6 – 12 Jahren. Unter dem Motto „graben, topfen, gießen“ geht es ins Gärtner- und Häckermuseum sowie in eine Bamberger Gärtnerei.
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