Die Jugendberufshilfe der HWK Oberfranken erweitert ihr Orientierungsangebot
„Handwerksbetriebe in der Bildungsfalle“, oder „Erst mit Nachhilfe zum Azubi“ – so Schlagzeilen Anfang April. Das Handwerk hat zunehmend Schwierigkeiten, geeigneten Nachwuchs zu finden. Bei so manchem Bewerber für Ausbildungsplätze sind nicht nur schlechte schulische Noten, sondern verstärkt auch soziale Kompetenzen ein Hindernis: Eigenschaften wie Pünktlichkeit, Höflichkeit und beispielsweise auch die Fähigkeit, Konflikte zu lösen.
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, wurden die Hauptschulen praxisorientierter ausgerichtet, und holen sich auch externe Unterstützung ins Haus. So wie die Jugendberufshilfe (JBH) der Handwerkskammer für Oberfranken. Seit 2008 unterstützen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der JBH im Bereich Berufsorientierung jetzt auch Hauptschülerinnen und -schüler ab der 7. Jahrgangsstufe in Bayreuth, Kulmbach und Coburg. Wegen des großen Erfolgs sollen diese Projekte ab dem nächsten Schuljahr auch den Hauptschulen in Hof und Bamberg angeboten werden.
Sinn und Zweck ist dabei, den Schülerinnen und Schülern bei der Berufswahl rechtzeitig zur Seite zu stehen, denn im siebten Schuljahr müssen sie sich bereits für ihren künftigen Fächerschwerpunkt Wirtschaft, Technik oder Soziales entscheiden.
In aufwendigen Profilanalysen ermitteln Testleiterinnen und Testleiter der JBH zunächst die Stärken und Schwächen der Jugendlichen. Getestet wird eine Klasse zwei Tage lang und nach der Auswertung werden die Ergebnisse (und die sich daraus ergebenden Fördermöglichkeiten) dann mit den Schülern, ihren Lehrern, aber auch mit ihren Eltern besprochen.
„Das ist ein großer Personal- und Logistikaufwand für uns“, so die Leiterin der JBH Bayreuth, Alexandra Wagner, „die Klassen werden in Gruppen mit höchstens sechs Personen unterteilt, für jede Gruppe steht eine Fachkraft zur Verfügung. Doch diesen Einsatz ist es uns wert und er lohnt sich, denn für viele Jugendliche ist es überraschend, welch unerwartete Fähigkeiten sie bei sich durch das Verfahren entdecken. Das kann dann wiederum ein richtiger Motivationsschub für sie sein, so dass sie bis zum Schulabschluss noch mal richtig Gas geben.“
Neben den Tests bietet die JBH den Hauptschülerinnen und -schülern aber noch viel mehr: Bewerbungstraining, ProfilPASS-Beratung, Berufsfeldvorstellung, Praktikumscoaching, Fit for Job und Praxistage. Letztere ermöglichen ganzen Klassen mitsamt ihren Lehrkräften die Teilnahme an der Erprobung verschiedener Berufsfelder. Jeweils zwei Tage pro Berufsfeld können die Schülerinnen und Schüler in den Berufsbildungszentren der Handwerkskammer für Oberfranken unter meisterlicher Anleitung ihr Können in verschiedensten Berufsbereichen (u.a. Kfz, Friseur und Kosmetik, Holz, Elektro) unter Beweis stellen. Alexandra Wagner: „Die Jugendlichen erleben hier, wie sie mit ihren eigenen Händen etwas herstellen, das sie anschließend mit nach Hause nehmen und präsentieren können, das stärkt das Selbstbewusstsein. Außerdem sind auch die Praxistage Ansporn für die meisten Teilnehmer, denn sie erkennen, wofür man in der Praxis die Theorie braucht, d.h., jemand, der sich für den Beruf des Schreiners interessiert, weiß nach den Praxistagen ganz genau, wofür er in der Mathematik die Flächenberechnungsformel beherrschen muss.“
Ähnlich beliebt wie dieses Angebot ist auch das bereits erwähnte Programm „Fit for Job“. Damit wird an den sozialen Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler gefeilt. In Workshops geht es dabei um manchmal in Vergessenheit geratene Tugenden wie Pünktlichkeit, Konflikt- und Kritikfähigkeit. Das sind Eigenschaften, die eigentlich Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Bewerbung sein sollten. Sie sind aber oft nicht oder nicht ausreichend vorhanden. „Da nützt es nicht zu jammern, sondern wir helfen mit „Fit for Job“ sehr erfolgreich nach“, so Wagner, „denn das Handwerk braucht gute Auszubildende und wir wollen so viele wie möglich mit abholen.“
Der Fachbereich Jugendberufshilfe der Handwerkskammer für Oberfranken besteht seit 1988. Mittlerweile arbeiten unter der Leitung von Alexandra Wagner über 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Bereich Berufsorientierung wurde 2008 ins Leben gerufen, im kommenden Schuljahr sollen die Angebote auch den Hauptschulen in Hof und Bamberg zur Verfügung stehen. Anmelden können sich Schulleiter in Absprache mit der zuständigen Schulbehörde. Im Jahr 2009 haben in Bayreuth, Kulmbach und Coburg 120 Klassen (2488 Teilnehmer) das Angebot der Berufsorientierung angenommen. Die Maßnahmen werden zurzeit von der Agentur für Arbeit und dem Kultusministerium finanziert.
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