Regi­on Ober- und Mit­tel­fran­ken pocht wei­ter auf Elek­tri­fi­zie­rung bei der Schieneninfrastruktur

Verkehrsgipfel Karlsbad./Foto: Miroslav Nový

Ver­kehrs­gip­fel Karlsbad./Foto: Miros­lav Nový

35 Jah­re nach dem Fall des Eiser­nen Vor­hangs und 20 Jah­re nach der EU-Ost­erwei­te­rung lässt der Aus­bau einer gemein­sa­men Schie­nen-Infra­struk­tur zwi­schen Bay­ern, Tsche­chi­en und Sach­sen noch immer auf sich war­ten. Die betei­lig­ten Regio­nen kämp­fen aber wei­ter uner­müd­lich für einen Ausbau.

Über 100 hoch­ran­gi­ge Ver­tre­ter aus Wirt­schaft und Poli­tik folg­ten der Ein­la­dung der IHKs für Ober­fran­ken Bay­reuth und Nürn­berg für Mit­tel­fran­ken, der Wirt­schafts­kam­mer der Regi­on Karls­bad, der Geschäfts­stel­le Bahn­elek­tri­fi­zie­rung in der Logi­stik-Agen­tur Ober­fran­ken e.V., des Säch­sisch-Baye­ri­schen Städ­te­net­zes, dem Land­kreis Wun­sie­del und der Inter­es­sens­ge­mein­schaft Elek­tri­fi­zie­rung Nürn­berg-Bay­reuth-Cheb zu einem inter­na­tio­na­len Ver­kehrs­gip­fel nach Karls­bad, an der auch die Ver­kehrs­mi­ni­ster aus Tsche­chi­en und Bay­ern und die Ver­kehrs-Staats­se­kre­tä­rin aus Sach­sen teil­nah­men sowie Ver­tre­ter der Hand­werks­kam­mer für Ober­fran­ken, der IHK Chem­nitz und der IHK Dresden.

„Karls­ba­der Erklä­rung“ for­dert Infrastrukturausbau

In einer gemein­sa­men „Karls­ba­der Erklä­rung“ appel­lie­ren die Reprä­sen­tan­ten der Regi­on an die Regie­run­gen in Ber­lin und Prag, die zen­tra­len grenz­über­schrei­ten­den Bahn­vor­ha­ben von euro­päi­scher Bedeu­tung ohne wei­te­re Ver­zö­ge­run­gen zu rea­li­sie­ren. Hier kön­ne die euro­päi­sche Eini­gung und Zusam­men­ar­beit in Mit­tel­eu­ro­pa unter Beweis gestellt wer­den, heißt es in der Erklä­rung. „Die Ver­kehrs­in­fra­struk­tur ist für den Zusam­men­halt unse­res Kon­ti­nents von größ­ter Bedeu­tung“, macht Tomás Lin­da deut­lich, der Vor­stands­vor­sit­zen­de der Wirt­schafts­kam­mer der Regi­on Karlsbad.

Kon­kret geht es in der „Karls­ba­der Erklä­rung“ um den Aus­bau und die Elek­tri­fi­zie­rung des trans­eu­ro­päi­schen Schie­nen­net­zes an der zen­tra­len Naht­stel­le von Ost und West. Die Ver­ant­wort­li­chen for­dern einen Aus­bau zwi­schen Bay­ern, Tsche­chi­en, Sach­sen und Polen, dar­un­ter auch der Elek­tri­fi­zie­rung der Schie­nen­we­ge Nürn­berg – Markt­red­witz – Hof – Chem­nitz – Dres­den – Gör­litz – Breslau/​Wroclaw; sowie den für den Schie­nen­gü­ter­ver­kehr wich­ti­gen Abzweig von Markt­red­witz nach Eger/​Cheb. Ohne das Schlie­ßen die­ser Lücke kann das Schie­nen-Drei­eck zwi­schen Dres­den, Nürn­berg und Prag nicht sei­ne ver­kehr­li­che Bedeu­tung an der ehe­ma­li­gen Naht­stel­le zwi­schen Ost und West entfalten.

In einem zusam­men­wach­sen­den Wirt­schafts­raum in der Mit­te Euro­pas feh­le es noch heu­te an einer aus­rei­chend guten Anbin­dung an das lei­stungs­fä­hi­ge tsche­chi­sche Schie­nen­netz, für das die Elek­tri­fi­zie­rung der deut­schen Schie­nen­in­fra­struk­tur die Grund­vor­aus­set­zung ist. Der baye­ri­sche Abschnitt der Fran­ken-Sach­sen-Magi­stra­le sei eine gra­vie­ren­de Infra­struk­tur­lücke zwi­schen Tsche­chi­en und Deutschland.

Dabei geht es um den rund 140 Kilo­me­ter lan­gen Lücken­schluss zwi­schen Nürn­berg und Markt­red­witz bis Hof, bezie­hungs­wei­se bis Eger/​Cheb. In der Mit­te Euro­pas ver­hin­de­re die feh­len­de Elek­tri­fi­zie­rung den durch­ge­hen­den Per­so­nen- und Güter­ver­kehr. Des­we­gen ver­fü­gen vie­le mit­tel- und ost­eu­ro­päi­sche Staa­ten über kei­ne direk­ten Ver­bin­dun­gen nach Süd­deutsch­land und Süd­west­eu­ro­pa, obwohl deren Schie­nen­ma­gi­stra­len mit euro­päi­schen För­der­mit­teln viel­fach bereits aus­ge­baut und moder­ni­siert wor­den seien.

Dr. Micha­el Waas­ner: Flag­ge zeigen!

„Genau 20 Jah­re nach der Ost­erwei­te­rung der Euro­päi­schen Uni­on müs­sen wir Flag­ge zei­gen für eine gemein­sa­me Infra­struk­tur“, for­dert der Prä­si­dent der Indu­strie- und Han­dels­kam­mer für Ober­fran­ken Bay­reuth, Micha­el Waas­ner. Er bedau­ert, dass es auf baye­ri­scher Sei­te noch immer eine Elek­tri­fi­zie­rungs­lücke gebe.

Er erin­nert auch dar­an, dass bereits 1995 die erste zwi­schen­staat­li­che Ver­ein­ba­rung zur Moder­ni­sie­rung der Strecke Nürn­berg – Markt­red­witz- Prag unter­zeich­net wor­den sei. „Seit fast 30 Jah­ren kämp­fen wir für die Ertüch­ti­gung des Bahnnetzes.“

Mar­tin Kup­ka, tsche­chi­scher Ver­kehrs­mi­ni­ster: Gemein­sam Stim­me erheben

„Wir müs­sen unse­re Stim­me gemein­sam erhe­ben, denn der Aus­bau ist für alle Betei­lig­ten von enor­mer Bedeu­tung“, mahnt der tsche­chi­sche Ver­kehrs­mi­ni­ster Mar­tin Kupka.

Die säch­si­sche Ver­kehrs­staats­se­kre­tä­rin Ines Fröh­lich nann­te die Sicher­stel­lung von Mobi­li­tät für Per­so­nen und Güter ein gesamt­ge­sell­schaft­li­ches The­ma. Des­halb müs­se es das gemein­sa­me stra­te­gi­sche Ziel sein, schnell­stens vor­an­zu­kom­men. „Unter­las­se­ne Ent­schei­dun­gen der zurück­lie­gen­den Jah­re und Jahr­zehn­te holen uns jetzt ein.“

Die Elek­tri­fi­zie­rung der Fran­ken-Sach­sen-Magi­stra­le sei auch kei­ne baye­ri­sche Ange­le­gen­heit, son­dern eine inter­na­tio­na­le, macht der baye­ri­sche Ver­kehrs­mi­ni­ster Chri­sti­an Bern­rei­ter deut­lich. „Wir müs­sen den Druck hoch­hal­ten, damit wir nicht auf den Sankt- Nim­mer­leins­tag ver­trö­stet wer­den. Dabei appel­liert Chri­sti­an Bern­rei­ter auch an alle Ver­ant­wort­li­chen, nicht die Stra­ße gegen die Schie­ne auszuspielen.

Er habe das Gefühl. Dass die der­zei­ti­ge Bun­des­re­gie­rung das The­ma eben nicht vor­an­treibt, sag­te Micha­el Möschel, Vor­sit­zen­der des Ver­kehrs­aus­schus­ses der IHK für Ober­fran­ken. „Wir brau­chen nicht immer nur die poli­ti­schen Ver­spre­chen, son­dern deren kon­kre­te Umsetzung.

Lei­den­schaft­li­cher Appell des Hofer Landrates

Der Hofer Land­rat Oli­ver Bär wen­det sich in einem lei­den­schaft­li­chen Appell an den Bund, die Tras­se von Nürn­berg über Markt­red­witz nach Prag nicht als Neben­strecke ein­zu­stu­fen. In ihren jüng­sten Beschlüs­sen habe nun auch die EU der Strecke Prio­ri­tät ein­ge­räumt. Es glei­che einem unfreund­li­chen Akt, wenn Deutsch­land den Aus­bau der Strecke nicht wei­ter betrei­ben wür­de, schließ­lich sei der tsche­chi­sche Abschnitt längst fertiggestellt.

„Damit hat man uns eine Tür geöff­net, doch wir sind nicht hin­durch­ge­gan­gen“, so der Wun­sied­ler Land­rat Peter Berek und Prä­si­dent der Eure­gio Egren­sis für die baye­ri­sche Sei­te. „Wir arbei­ten jeden Tag dar­an, die Men­schen zusam­men­zu­brin­gen, doch ohne die ent­spre­chen­de Infra­struk­tur ist alles nichts.

Mit einem hal­ben Jahr Vor­lauf­zeit wur­de die inter­na­tio­na­le Ver­kehrs­kon­fe­renz von einem ein­ma­li­gen brei­ten Kon­sor­ti­um orga­ni­siert: IHK für Ober­fran­ken Bay­reuth, IHK Nürn­berg für Mit­tel­fran­ken, IHK Dres­den, der Wirt­schafts­kam­mer der Regi­on Karls­bad, der Geschäfts­stel­le Bahn­elek­tri­fi­zie­rung in der Logi­stik Agen­tur Ober­fran­ken e.V., dem Land­kreis Wun­sie­del sowie der Inter­es­sens­ge­mein­schaft Elek­tri­fi­zie­rung Nürnberg-Bayreuth-Cheb.

Beschluss des EU-Par­la­men­tes macht Hoffnung

Was elf Bun­des­ver­kehrs­mi­ni­ster seit 1995 nicht geschafft haben, schafft nun viel­leicht ein aktu­el­ler Beschluss des EU-Par­la­ments. Gro­ße Hoff­nun­gen set­zen alle Betei­lig­ten in einen Beschluss zur Fer­tig­stel­lung gro­ßer trans­eu­ro­päi­scher Ver­kehrs­pro­jek­te. Die Ver­ord­nung über Leit­li­ni­en für den Auf­bau eines trans­eu­ro­päi­schen Ver­kehrs­net­zes soll einen wett­be­werbs­fä­hi­gen Güter­ver­kehr schaf­fen und grenz­über­schrei­ten­de Mobi­li­tät garan­tie­ren. Die Strecke über Markt­red­witz sei dabei nicht etwa eine Neben­strecke, son­dern ein sehr wich­ti­ger Korridor.

Die Ver­an­stal­tung wur­de als deutsch-tsche­chi­sche Pro­jekt wird mit För­der­mit­teln von der Euro­päi­schen Uni­on über das Pro­gramm INTER­REG Sach­sen-Tsche­chi­en 2021–2027 im Rah­men des Klein­pro­jek­te­fonds der EURE­GIO EGREN­SIS unterstützt.

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