Kunstwerk von Ai Weiwei wird im Bamberger Diözesanmuseum vor dem "Kaisermantel" ausgestellt

Dialog der Mäntel

Ai Weiwei: "Five Rain Coats Holding Up A Star", 1986. Installationsansicht Diözesan Museum Bamberg 2013. Foto Uwe Gaasch

Ai Weiwei: „Five Rain Coats Holding Up A Star“, 1986. Installationsansicht Diözesan Museum Bamberg 2013. Foto Uwe Gaasch

(bbk) Ein Werk des chinesischen Konzeptkünstlers und Regimekritikers Ai Weiwei ist von 9. Juni bis 18. August 2013 im Bamberger Diözesanmuseum zu sehen. Die Bodeninstallation „Five Raincoats holding up a Star“ („Fünf Regenmäntel halten einen Stern“) bildet den Höhepunkt des Kunstprojekts „CIRCLES | KREISE“, das der Kurator, der Berliner Galerist und gebürtige Bamberger Alexander Ochs-Barwinek, aus Anlass des 20. Weltkulturerbe-Jubiläums der Stadt Bamberg initiiert hat.

Die Arbeit entstand 1986 in New York als eines der frühesten Werke Ais und besteht aus fünf grünen Arbeiter-Regenmänteln, die aneinandergeknöpft einen Kreis bilden und deren Ärmel mittels Kupferstangen zugleich einen Stern formieren. Sie wird im Museum unmittelbar vor dem berühmten „Sternenmantel“ Kaiser Heinrichs II. (um 1020) präsentiert. „So entwickelt sich ein Dialog der Mäntel über 1000 Jahre hinweg“, erläutert Holger Kempkens, Leiter des Diözesanmuseums. Beide Werke seien dabei auch Ausdruck ihrer politischen Systeme: Der „Sternenmantel“ verbildlicht das christozentrische Weltbild des Hochmittelalters, als deren unverrückbarer Bestandteil auch die Herrschaft des Kaisers angesehen wurde.

Ai Weiweis Installation konfrontiert den Betrachter hingegen mit der Zeitgeschichte Chinas, versinnbildlicht das uniforme Kollektiv der Arbeiterklasse der Volksrepublik China und erinnert zugleich an die Pekinger Künstlergruppe „Sterne“, die sich 1979 gegen eben diese uniforme Kollektivität und die Unterwerfung der Kunst auflehnte.

Das Konzept für das spannungsreiche, aber auch kraftvolle, einer inneren Logik folgende Aufeinandertreffen von „Sternenmantel“ Heinrichs II. und „Mantelstern“ Ai Weiweis entstand aus einer gemeinsam entwickelten Idee von Alexander Ochs-Barwinek und Museumsleiter Kempkens. Für Domkapitular Norbert Jung, Leiter der Hauptabteilung Kunst und Kultur im Erzbischöflichen Ordinariat, stellen die gezeigten Mäntel auch einen Rollentausch dar: „Die einstmals in Europa mächtige katholische Kirche (Sternenmantel) gehört heute in China zu den verfolgten Minderheiten, für die sich Ai Weiwei stark macht. Sowohl das ‚Reich der Mitte‘ als auch die Weltmacht Volksrepublik China spielten im katholischen Universum bisher kaum eine Rolle.“ Die stille Zwiesprache der Mäntel wird noch ergänzt um Ais Videoarbeit „4851“, die als „Requiem“ an die 4851 Kinder erinnert, die beim verheerenden Erdbeben in der chinesischen Provinz Sichuan 2008 ums Leben kamen.

Der 1957 geborene Ai Weiwei gehört zu den vier Künstlern, die eingeladen wurden, ihre Werke im Deutschen Pavillon auf der jüngst eröffneten Biennale in Venedig auszustellen. Arbeiten Ai Weiweis sind im Jahr 2013 nur an wenigen ausgewählten Orten in Europa zu sehen, darunter Venedig, Groningen und Bamberg.

Die Ausstellung CIRCLES | KREISE ist über den gesamten, seit 1993 zum Weltkulturerbe zählenden historischen Stadtkern Bambergs verteilt und erinnert an 16 Stationen mit Werken von über zwei Dutzend Künstlern an wichtige Persönlichkeiten aus 1000 Jahren Bamberger Geschichte. Sie realisiert in Form wohl überlegter künstlerischer Interventionen Begegnungen mit diesem kulturellen Erbe, die zum Nachdenken anregen und eine völlig neue Sichtweise eröffnen.

Die Ausstellung wird von der Stadt Bamberg sowie dem Bamberger Kunstverein e.V. veranstaltet, der damit zugleich einen Gedankenanstoß geben möchte zur Errichtung einer Kunsthalle als dauerhaftem Ausstellungsort moderner und zeitgenössischer Kunst in Bamberg.

Zur Eröffnung von „CIRCLES | KREISE“ erscheint ein Begleitbuch, das einen Weg durch die 16 Kunststationen zeigt und wie ein Stadtführer funktioniert. Das Buch ist zum Preis von 9,80 Euro im Diözesanmuseum sowie an den weiteren Standorten des Rundgangs erhältlich.