Austellung im Munstmuseum Bayreuth: "Hildegard Wohlgemuth – die rote Katze"
Der klassische Kunstbegriff, der sich entgegen allen Revolutionen und Avantgarden auch in der Klassischen Moderne fortgesetzt hatte, scheint passé. Aber was ist an dessen Stelle getreten? Soll Kunst schön sein? Die Wirklichkeit abbilden? Die Welt verändern? Welche Funktion haben die Künstler, welche die Kritiker? Und welche Rolle spielt darin der Kunstmarkt? Fragen wie diese spielen in der aktuellen Auseinandersetzung um die Bildende Kunst eine immer größere Rolle. Auf der Suche nach neuen Begriffen und neuen Möglichkeiten, die eigene Welt zu verstehen, öffnet sich sie Kunst zunehmend – wie sie es schon einmal zu Beginn des 20. Jahrhunderts getan hatte – in Richtung auf Werke aus außereuropäischen Kulturen und von Menschen ohne akademische Ausbildung.
Werke der „Art Brut“ / „Outsider Art“ / Außenseiterkunst, also Werke von Laien und Psychiatrie-Erfahrenen werden zunehmend auch jenseits von Fachkreisen wahrgenommen. Denn in der Tat ist die Grenze zwischen der Klassischen Kunst und der Außenseiterkunst seit der Pop Art (Warhol, de Kooning) und der Postmoderne (Koons) fließend geworden. Und nach Beuys’ „erweitertem Kunstbegriff“ muss man sich fragen, ob überhaupt noch eine „akademischen Ausbildung“ nötig ist, um Kunst entstehen zu lassen?
Vom 3. April bis zum 5. Mai 2013 zeigt das Kunstmuseum Bayreuth in der Ausstellungshalle im Neuen Rathaus Bilder der bekannten schizophrenen Künstlerin „Hildegard Wohlgemuth“ aus der Sammlung von Dr. Heike Schulz..
Die Malerin Hildegard Wohlgemuth (1933 – 2003) ist eine exponierte Vertreterin dieser Art von Kunst und als solche auch von Fachleuten bereits erkannt und anerkannt, u. a. von Prof. Kai Sudek (Hamburger Kunstakademie) und von dem Heidelberger Kunsthistoriker und Psychologe Dr. Thomas Röske, Leiter der Prinzhornsammlung der Universitätsklinik Heidelberg.
Wohlgemuth nahm an verschiedenen Ausstellungen und Symposien teil. Bereits 1999 wurden ihre Bilder im Museum Schloss Salder, Salzgitter, gezeigt, 2003 waren sie in der Ausstellung „Zeige Deine Wunde – Befreiende Kunst. Psychiatrieerfahrene stellen aus“ zu sehen, die aufgrund eines bundesweiten Kunstwettbewerbs vom Behindertenbeauftragten der Bundesregierung organisiert wurde (zu Jury gehörten u. a. Klaus Staeck, die damalige Leiterin der Prinzhorn-Sammlung Inge Jádi und Christoph Schlingensief). Eine Einzelausstellung fand 2010 im Kleist-Haus, Berlin statt. Bereits 1998 entstand ein Buch über ihr Leben, das von ihr illustriert wurde („Die Bettelkönigin“) und ein NDR-Dokumentarfilm über Leben und Werk der Künstlerin. Mehrfach war Wohlgemuth in dieser Zeit in TV-Sendungen wie „Boulevard Bio“ und „Fliege“ zu sehen.
Faszinierend sind die meist fröhliche, ja bunte Farbigkeit ihrer Bilder, die mosaikhafte Flächenfülle und ihre kindliche Fabulierlust. Diese Bilder wirken direkt, sinnlich. Die Unmittelbarkeit der Werke macht es uns leicht, „zu schauen wie ein Hund“ (Cézanne) – Grundlegendes aufzunehmen, ohne es gleich verstehen, analysieren oder gar kommentieren zu müssen.
Die Ausstellung wird von zahlreichen Veranstaltungen der vhs, des Evangelischen Bildungswerkes und des Kunstmuseum Bayreuth begleitet, die in das eigenwillige Werk dieser besonderen Künstlerin einführen
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